INTERNET-WOCHENZEITSCHRIFT
NR.
89 JAHR 2001 DONNERSTAG, 7. FEBRUAR

 

ES FUSIONIERT, LEITET, SCHREIBT UND VERANTWORTET: MENASSA 2002

 WIR KÖNNEN ZWAR NICHT SPRECHEN, DAFÜR TUN WIR'S IN MEHREREN SPRACHEN
SPANISCH, FRANZÖSISCH, ENGLISCH, DEUTSCH,
ARABISCH, PORTUGIESISCH, ITALIENISCH, KATALANISCH

La danza Interminable


INDIO GRIS IST PRODUKT
EINER FUSION
DER GLANZ DES GRAUS
UND
DER INDIANER AUS DER JARAMA
DIE ZUKUNFTSTRÄCHTIGSTE FUSION DES
21. JAHRHUNDERTS

 Indio Gris


INDIO GRIS NR. 89

JAHR II

LEITARTIKEL

Der Indio antwortet
Sonntag, 3. Februar 2002

Carmen Salamanca: Erzähl uns ein wenig deine Geschichte. Als was hat dein Pappa gearbeitet, als du geboren wurdest? Woran erinnerst du dich? In welchem Alter bist du in die Schule gekommen?

Miguel Oscar Menassa: Soll ich dir das wahrhaftige Drama meines Lebens erzählen?

CS: Ja.

MOM: Als ich eingeschult werden sollte, das war damals mit fünf Jahren üblich, brachten sie mich in die José-Maria-Gutiérrez-Schule, das war eine Schule für Señoritas, also, sie brachten mich morgens hin und ich riss aus.

CS: Nach wo?

MOM: Ich riss aus, ich ging weg von der Schule, weil ich nicht in eine Schule für Señoritas gehen wollte.

CS: Aber gab es denn keine Jungenschule?

MOM: Schon, aber die Schule da war zweihundert Meter näher als die Almafuerte-Schule, dazu noch nannte sie sich “Almafuerte”, also “Starkeseele”, das war die Schule für die jungen Herren. Ich floh vor den Frauen. Danach musste ich sie mein ganzes Leben lang ertragen, weil ich geflohen war. Feigheiten haben immer einen hohen Preis.

CS: Wie alt warst du damals?

MOM: Fünf.

CS: Und danach schickten sie dich auf eine andere Schule, oder?

MOM: Sie schickten mich sofort am nächsten Tag auf die Almafuerte-Schule. Wenn ich nicht auf die Almafuerte gegangen wäre, hätte ich niemals die sogenannte Sassaparille kennen gelernt, das war eine Pflanze, die brachte hohle Stengel  hervor. Man konnte sie anzünden und paffen.

CS: Rauchen?

MOM: Ja.

CS: Die Sassaparille?

MOM: Ja, das war ganz einfach, weil wir  bei einer Frau, die im Nachbarhaus gleich neben der Schule wohnte, vorbeikamen, und dort rissen wir ein Stück der Pflanze aus und diese Pflanze konnte man  zum Rauchen nehmen.

CS: Alamfuerte-Schule mit fünf..................

MOM: Jetzt wo ich daran denke, dass ich fast an meiner Lunge gestorben wäre, wäre es besser gewesen, dass ich auf die Frauenschule gegangen wäre, weil ich dann nicht die Sassaparille kennen gelernt hätte.

CS: Wann hast du damit angefangen, Billigschmuck zu verkaufen? Warum hast denn so jung angefangen zu arbeiten?

MOM: Ich kam mit acht Jahren zum erstenmal ins Gefängnis, wegen Strabenverkaufs, ich verkaufte Rasierklingen.

CS: Mit acht Jahren? Was war passiert?

MOM: Es kam die Polizei, und sie traten mir meinen Stand zusammen, weil ich ihnen kein Geld gegeben hatte, stelle ich mir mal vor. Ich hatte ihnen sicher gesagt: “Hau ab in die Muschi deiner Mutter”, weil ich als kleiner Junge so schlimme Ausdrücke benutzte. Und der Polizist packte mich am Kragen, machte mir den Stand kaputt und führte mich ab. Sie riefen meinen Vater an, er war ein Mann, der an die Arbeit glaubte, er war ein Arbeitender, und deswegen verstand er nicht, wie sie seinen Sohn abführen konnten, weil er gearbeitet hatte. Er ging dann auf die Polizeiwache und machte dort einen Riesenaufstand, so dass der Kommissar zu mir sagte: “Schau, du bist doch vernünftig, also sag deinem Vater, er soll damit aufhören, weil wir euch beide hier drin lassen”. Denn der Türke konnte nicht verstehen: “Wenn der Junge doch gearbeitet hat, wo es so viele Verbrecher gibt, warum dann der Junge? Ihr seid ein korrupter Haufen ...” Eine Menge unglaubliches Zeug, so dass der Kommissar sagte: “Bei dir hatte ich es nicht sehr erst gemeint, aber nimm deinen Vater mit, sonst .......”. Zum Totlachen!

CS: Und hat das für Spuren bei dir hinterlassen, in deinem Verhältnis zur Arbeit?

MOM: Ich habe dabei gelernt,  auch wenn die Polizei dich nicht lässt, muss man doch arbeiten, wie kommst du sonst zu Essen? Und, wenn es deiner Frau auch nicht gefällt, dass du erfolgreich bist, musst du erfolgreich sein, sonst hast du danach nichts zu essen. Und, wenn die Freunde dich auch beneiden, weil du Geld verdienst, musst du Geld verdienen, sonst ist das schlecht, kein Geld zu verdienen: Und man muss die im Menschen gefundenen Gefühle ertragen, was sollst du sonst machen, um leben zu können?

CS: Und hast du weiter solche Sächelchen verkauft?

MOM: Mein ganzes Leben lang, siehst du nicht, dass ich jetzt Bilder verkaufe?

CS: Billigschmuck.

MOM: Damals, als sie mich mit acht Jahren abführten, verkaufte ich nur Rasierklingen, danach verkaufte ich Schmuckzeug, weil ich merkte, dass Frauen etwas Beonderes an sich hatten, sie waren dazu fähig, Geld für Unnützes auszugeben. Das musste kaufmännisch genutzt werden. Ich verkaufte den Frauen Billigschmuck, die kauften jeden Firlefanz, den du ihnen verkauftest: “Ach, wie wunderhübsch, wie wunderhübsch!” Und sie nahmen es mit. Da verdiente ich zehnmal mehr als meine Mutter, die als Krankenschwester im Pena-Krankenhaus arbeitete.

Ich war sehr religiös, war Messjunge, half bei der Messe, war so vollkommen, dass ich jeden Tag onanierte, damit ich etwas hatte, um es dem Priester erzählen zu können, weil ich mir sagte, “wenn du ihm nichts erzählst, was soll er dann arbeiten?” Dann holte ich mir jeden Tag einen runter, um es ihm sagen zu können. Einer der Priester fing an, mich mit einem Fächer auf den Kopf zu schlagen, während er mich fragte:

Und wo landen diejenigen, die jeden Tag onanieren?

Und er schlug mich auf den Kopf und ich sagte:

Im Hof von Don José, und er wiederholte

Nicht doch, wo landen diejenigen, die jeden Tag onanieren?

Also gut, manchmal onaniere ich im Bad, antwortete ich. Un er schlug mich auf den Kopf und er schlug mich auf den Kopf, weil er wollte, dass ich “in die Hölle” antwortete, und  ich kam und kam nicht drauf, wie sollte ich auch darauf  kommen?

CS: Du hingst an der Wirklichkeit: ich gehe dorthin, wo mich niemand sieht.

MOM: Im Hof von Don José, sagte ich  zuerst, dabei muss man beachten, dass Don José angezeigt worden war, na gut.

Kurzum, wie es alte Menschen wie ich machen, die eine Menge dummes Zeug daherreden, aber ich kann sagen, dass ich das der Kirche verdanke. Klar, denn dort wurde ich zuerst aktiv: ich lernte die ersten Mädchen kennen, danach lernte ich einen Ingenieur kennen, der zu mir sagte: “Das mit der Welt ist dummes Zeug”, und er gab mir die vernünftige Erklärung für die Erschaffung der Welt. Ich musste mit ihm zusammen lernen, er war mein Meister und erklärte mir alles. Und dann, klar, wie sollte man da an Gott glauben ... Ich war dreizehn, als er mir die Erklärung gab und damit war alles aus. Ich glaubte, ich hätte etwas und nichts verstanden, und aus damit.

CS: Und aus damit, was soll das heiben?

MOM: Es war aus mit der Religion. Ich kam auf  Wahnsinniges. Jetzt nicht, jetzt glaube ich, sie ist gut. Wenn der Kommunismus zur Rachitis und der Kapitalismus zu AIDS  und allgemein verbreiteten Infektionen und weib ich was führt, also wirklich, die Kirche ist gar nicht so böse, sie führt nur zu Störungen bei der sexuellen Identität.

Im Verlgleich zu AIDS, Krebs, Hunger und ich bring dich um, ich bring dich um, ich bring dich um, also die Kirche, geil. Jetzt wäre ich dazu in der Lage, eine Pro-Kirchen-Kampagne zu machen. Und auch die Familie, die Familie ist für mich etwas Wichtiges. Die Welt hinkt nämlich, ihr merkt das nicht, aber sie geht wie ein Arsch.

CS: Wann hast du dein erstes Gedicht geschrieben?

MOM: Mit neun Jahren. Es war nach dem Onanieren, ich sagte: “Ach wie leer bin ich doch”.

CS: Du erzählst immer, du hättest schon in sehr jungen Jahren Marx, Freud ...... gelesen.

MOM: Alles Sexuelle, denn da waren die Freundinnen von meinen Schwestern, die waren gröber als ich. Sie waren wunderschön, hatten Titten ....Denn ich war der Winzling, verstand aber was davon, wusste was Titten waren. Und weil sie viel lasen, sie waren sehr intelektuell, lasen sie Faulkner, lasen Sarte, lasen Marx, ich langte zu und fing an zu lesen um ein Thema zum Unterhalten zu haben.

CS: Um anzubandeln.

MOM: So wie Sie das sagen, war es wichtig, es waren sehr gebildete Mädchen. Denn mit einem gebildeten Menschen zu sprechen ist, als ob man mit einem Revuestar anbandelt.

CS: Es gibt Fotos, da bist du mit Jungs drauf. Erinnerst du dich an einen “seltsamen” Freund aus dieser Zeit?

MOM: Es war sehr schwierig, sich in die Frauen aus meinem Viertel zu verlieben, denn die Jungen ärgerten sofort den, der eine Freundin hatte, das war sehr schwierig, die waren grobe Machos. Was haben Sie mich gefragt?

CS: Die Freunde aus dieser frühen Zeit.

MOM: Das Vorstadtviertel ist ein grobartiges Lehrwerk, weibt du warum? Weil niemand der Freund des Andern ist, es sei denn, er sei zu etwas nütze, das ist etwas, was in den etwas höheren Schichten anders ist, man kommt dahin, Freunde zu haben, die zu nichts nütze sind. In einem armen Vorstadtviertel gibt es das nicht, du musst zu etwas nütze sein. Und glauben Sie bloß nicht, dass alle Schwachköpfe waren. Da war der, der zum Unterhalten nütze war, der, der zum Ratschlag geben nütze war, wenn die Sache schief aussah, der, der etwas von Frauen verstand, da war, der, der etwas von Arbeit verstand, da war der, der Fussball spielen konnte, der, der würfeln konnte, .......... da waren die verschiedensten Leute. Da waren Leute, die waren zu nichts nütze, diese Leute, die zu nichts nütze waren, wurden doch zu etwas nütze gemacht, weil sie die Zielscheibe für allen Blödsinnn waren. Es war eine Art, sie zu etwas Nützlichem zu machen, dennn entweder mussten sie aus dem Viertel gejagt werden, das war auch nicht möglich, weil wir nicht so mächtig waren, oder wir machten sie zu etwas Nützlichem. Folglich, die Art sie zu etwas Nüztlichem zu machen war, sie zur Zielschiebe alles nur erdenklichen Blödsinns zu machen.

CS: Und du, wozu warst du nütze?

MOM: Ich war die Señorita, ich beschimpfte gerne Leute.  Dann, um mich nicht umzubringen, gaben sie es mir als etwas Persönliches, als ob es meine Persönlichkeit wäre. Sie sagten: “Hüte dich gut vor der Señorita”, und dann kam ich und sagte: “Na, was machst du? Fick deine Mutter” Und ich war der einzige, der das in der Kneipe sagen konnte, ein anderer hätte sich eine Tracht  Prügel geholt. Weil ich die Señorita war, ein Mädchen, konnte ich machen, was ich wollte, das hieß, mir wurde erlaubt, was man mir vorsang. Die wussten schon, ich würde einmal der Dichter werden. Ich schrieb mit dreizehn Jahren, mehr oder weniger als ich zum erstenmal in eine Kneipe ging, zur gleichen Zeit etwa.

CS: Mit dreizehn Jahren?

MOM: Mit dreizehn Jahren, von acht bis dreizehn Jahren schaute ich ihnen durchs Fenster beim Billardspielen zu und mit dreizehn, als ich ins Billardzimmer ging, besiegte ich schon einige. Es gab einen, der besiegte mich immer, das war Rafa. Nur an einem einzigen Tag besiegte ich ihn. Billard ist ein sehr psychisches Spiel.

CS: Was heißt das, es ist sehr psychisch?

MOM: Ja. Rafa konnte ich nicht besiegen, konnte ich nicht besiegen, konnte ich nicht besiegen. Der Junge hatte Probleme mit Mädchen. Dann also, eines Tages während wir spielten, fasste ich den Entschluss: ich fing an über Mädchen zu ihm zu sprechen, und er wurde sehr nervös und ich gewann. Das war das einzige mal, dass ich ihn besiegte. Danach sagte er, wenn er mit mir spielte: “Wenn du sprichst, bringe ich dich um”. Danach spielten wir weiter, weil er sehr gut spielte und ich spielte gerne mit ihm, weil du von  Leuten, die gut spielen, lernst. Un er sagte nach diesem Mal: “Gut, ich spiele, aber wenn du nur ein einziges Wort sagst, bringe ich dich um”. Guter Mann.

CS: Und da warst du dreizehn.

MOM: Als ich mir lange Hosen anzog. Ja, da.

CS: Un da bist du dann weiter ins Gymnasium gegangen.

MOM: Ja, wie jeder Sohn christlicher Eltern.

CS: Und was für Lehrer waren da?

MOM: Gut, da war Don Segundo. Don Segundo, war ein Mann, der war zu jener Zeit so etwa 95 Jahre alt. Ich hörte ihm wenigstens sehr aufmerksam zu. Das ist derjenige, der erfand (als ich es zum erstenmal hörte, war es aus seinem Mund), als wir ihn zum Thema Mädchen um Rat baten, sagte er zu uns: “Ein Muschelhaar zieht mehr als hundert Ochsengespanne”. Das war Don Segundo.

CS: Und wann hast du angefangen, Freud, Marx zu lesen?

MOM: William Faulkner mit zwölf Jahren.

CS: Knight´s Gambit?

MOM: Nein: stärkere Bücher Sartoris, Absalom Absalom, Als ich im Sterben lag, Wilde Palmen, Moskitos, das ist schon ein einfacheres Werk, für das er den Nobelpreis bekommen hat. Sartre wurde viel in dieser Zeit gelesen, wer Sartre nicht kannte, war ein Schwachkopf. Man musste nicht einverstaden mit ihm sein, ich war nicht mit Sartre einverstanden, er kam mir immer sehr französisch vor.

CS: Er hatte diesen kleinen Fehler. Es gibt ein Geschichtchen, das du später erzählst, als du auf die Universität gingst.

MOM: Das war schon großartig, in der Medizinischen Fakultät war das, als ich Schlange stand, um mich im Sekretariat einzuschreiben, ich hatte ein Buch von Dylan Thomas bei mir, das ist ein Dichter, ich weiß nicht, ob Sie das wissen, dann fragte mich jemand, was das für ein Buch sei. “Das ist ein Krimi”, antwortete ich und er sagt: “Das kann nicht sein, ich lese alle Krimis, und den habe ich noch nie gesehen, das kann nicht sein”. Ich sagte: “Wo wohnst du? “. “In der Stadtmitte” sagte er. “Deswegen also” sagte ich. Zum Totlachen. Das war mein erster Tag in der Medizinischen Fakultät.

CS: Ein schöner Witzbold warst du.

MOM: Naja, mehr oder weniger war ich auch Revolutionär. Das war das erste Mal, das zweite Mal als ich in der Fakultät war, das war ein paar Monate später, nachdem ich mich im ersten Studienjahr eingeschrieben hatte. Ich hatte nur den Einführungskurs gemacht, und es brach ein Aufstand los zwischen der Freien und der Laien-Universität, denn der Staat wollte die Freie Universität eröffnen, das war eine nichtstaatliche Universität. Argentinien hat eine bedeutende universitäre Tradition, die staatliche Universität, mehrere Nobelpreisträger waren Professoren der Medizinischen Fakultät. Dann, als ich das zweite Mal in der medizinischen Fakultät war, hing ich an einem Balkon, ein zwanzigtägiger Streik, alle kämpften dafür, dass das Erziehungswesen weiter eine Laienangelegenheit sein sollte, denn die einzigen, die dazu in der Lage waren, eine freie Ausbildung zu schaffen, das heißt, eine nichtstaatliche, war die Kirche, deswegen hieß es: “Zum Schutz einer Laien-Ausbildung”. Ein Blödsinn, weil ich außerdem,  wie ich Ihnen vorhin erzählt habe, sehr religiös war, der Kirche meine ersten Privatvergnügungen verdanke, die erste Erkenntnis der Welt......Denn es ist gar nicht so schlecht zu denken, dass es einen Schöpfer gibt, wenn man  sich danach etwas entwickeln kann.

CS: Zurück, dreizehn Jahre. Du hast uns schon erzählt, dass du Faulker gelesen hast und danach?

MOM: Um diese Zeit herum habe ich Freud kennen gelernt, vierzehn Jahre. Weißt du, in welchem Buch ich ihn kennen lernte? Ich bemerke das gerade in diesem Augenblick, wo ich es erzähle, dass vielleicht Freud, Massenpsychologie und Ich-Analyse, eine sehr kleine Ausgabe, wo nur dieser Text war, meine Denkweise beeinflusst hat.

CS: Wie fandst du das? Was hat dich am meisten beeindruckt?

MOM: Dass er im Jahr 1921 so klar und deutlich davon gesprochen hat, was in meinem Viertel geschah. Das schlug bei mir ein. Danach im folgenden Jahr ging mir das so mit Marx, “Schau mal der, wie der in der Steinzeit erklärt, was auf dem Markt los ist.”

  CS: Was war da los?

 MOM: Die Relationen waren assymetrisch, es gab immer jemanden, der von einem anderen lebte. Die Liebe hatte nichts mit der Arbeit zu tun. Entweder hat man das alles gelernt bevor man fünfzehn wurde, oder man landete im Gefängnis oder sonst irgendwo.

 CS: Stimmt das, was du damals gelernt hast, mehr oder weniger mit dem überein, was du jetzt denkst?

 MOM: Das heißt, man kommt fertig aus dem Bauch der Mutter. Nach 60 Jahren, wie soll ich da denken, dass ich wie früher denke?

 CS: Was hat von damals überlebt?

 MOM: Willst du wissen, was von dem Viertel wirklich überlebt hat? Dass man zu Frauen niemals nein sagen sollte.

 CS: Warum?

 MOM: Denn wenn du  einmal nein zu ihnen sagst, dann benutzen sie dich nie mehr zu etwas.

 CS: Was entschwand für immer?

 MOM: Meine Kindheit.

 CS: Glücklich, war es eine glückliche Kindheit?

 MOM: Als ich Kind war? Ja, wir waren die einzig Priviligierten, deswegen bin ich Peronist. Denn ich weiß nicht, ob Perón alles gut gemacht hat, aber weil ich ein Kind war und weil es eine Rgierung war, wo die einzig Priveligierten die Kinder waren .... Es gab Geschenke, sie haben dich in der Schule gut behandelt, wenn dich dein Pappa schlug, hast du es angezeigt, und er wurde festgenommen. Ich weiß nicht, ob man eine glücklichere Kindheit verbringen kann, als die, die die Argentinier erlebten, während Perón regierte.

 CS: Eine Erinnerung an deine Mutter?

 MOM: Ich kann mich nicht daran erinnern, dass meine Mutter geweint hat, ich erinnere mich an sie, wie sie tanzt, singt.

 CS: Und dein Vater? Wann kam dein Vater nach Argentinien?

 MOM: Sie kamen aus dem Libanon nach Argentinien, als mein Vater sehr jung war, der älteste Bruder war ein paar Jahre älter als er , er war 18, er war so 10.  Dann musste mein Großvater, der scheinbar ein sehr gebildeter Mann war, aus ich weiß nicht was für einem Grund ins Zentrum von Buenos Aires gehen, und er verlief sich, und dann begann er auf Französisch, Arabisch, Englisch, Russisch zu fragen und niemand verstand ihn. Ein Mann gab ihm schließlich ein Almosen, weil er glaubte, der Türke würde um ein Almosen bitten und der Türke war so beleidigt, dass er die ganze Familie packte und mit allen wegging und der älteste Bruder meines Vaters sagte: also ich, ich gehe nicht mit, ich bleibe. Mein Vater ging mit seinem Vater zurück, aber da er 13 war fälschte er seine Papiere und reiste mit seinem Bruder nach Argentinien.

 Die erste Arbeit, die er hatte, gab er auf, sobald er sie hatte. Der Bruder fand eine Arbeit für ihn in einer Regenschirmfabrik, und das erste, was er zu tun hatte, war irgendjemandem zwei Schirme zu bringen, und es fing fürchterlich zu regnen an, und der Türke verstand diese Grausamkeiten nicht, er war aus einer reichen Familie, verstand also nicht, warum er wenn doch zwei Regenschirme im dem Paket waren,  nass werden sollte, wo er doch  das Kind seiner Mamma und seines Pappas war. Dann packte er zu und nahm den Regenschirm und kündigte, deswegen arbeitete er danach auf eigene Rechnung.

HERANWACHSENDER ANGLER VON VERLIEBTEN ALTEN

Heranwachsender Angler von verliebten Alten
gro
ßer Trüffelangler
fröhlicher Mädchen wie die Sonne
irgendeiner festen um um die Seele zu spielen.
Ich großer Jäger
gro
ßer Handhaber einsamer Netze
Netze für die Einsamkeit
besonderer netze
um schüchterne Herzen
zu jagen.
Müde davon so viele Leute
warm
sterben zu sehen
ein Sommernachmittag
in den öffentlichen Gärten
in den öffentlichen Straßen
in den öffentlichen Bädern
legte ich meine schweigsamen Netze aus.
Danach sagte ich zu mir
die Zeit ist notwendig
riet mir selbst
einen Kaffee ohne alle Milch zu trinken
jeden Morgen.
Ich riet mir selbst mich zu setzen
sagte einer Frau
sie solle sich neben mich setzen.
Dein frischer Po
sagte ich
auf dem frischen Boden.
Wir gaben uns einen großen Liebeskuss.
Sie erzählte von Ihrer Art die Einsamkeit zu unterhalten.
Ihre Beine zu zeigen oder zu bewegen
je nach der Kälte oder unseren Gewohnheiten,
uns neben einen Mann zu setzen
und uns anfassen zu lassen
bis zum Gefühl Mütter sein zu müssen.
Manchmal verständlich
verkaufen wir den Männern Perlen
verrückt geworden, einsam in der Sonne.
Orientperlen
weiße Perlen der Liebe
Perlenstückchen, liegen
im allgemeinen auf unserem Bauch
Perlen, schließlich, in From von zweifach geschlungenen Ketten
um besser zu erwüirgen
ja
sagte sie zu mir
Gewaltperlen.

8. Juni 1977

MEINE LIEBE,

Wahrhaftig heute beichte ich es zum erstenmal.
Ich wurde in einem Vorstadtviertel geboren.
“Ich wuchs auf seinen Wegen auf,
eines Tages schwang ich mich auf vom Erfolg träumend”.
Heute kann ich nicht zurück, weder arm, noch geschlagen.

Ich habe auf meinem Schreibtisch einige Bilder,
Papiere und Gedichte. Mein Schicksal steht fest.

Ich spielte mit Murmeln, mehr oder weniger,
gewann bei einigen, verlor bei einigen.

Ich bin noch nie auf einen Baum geklettert.
In der Hängematte und auf der Ruschbahn wurde mir schwindlig.
Ich war gut im Montespiel und beim Steinchen-Hüpf
und den Münzsprung spielte ich mit der Negra und der Lita.
Sie fassten mich an und manchmal fasste ich sie an.

Jedesmal wenn ich die Augen öffnete,
merkte ich, dass es für mich keine Zukunft gäbe,
ich war zu dünn,
schaute immer geradeaus und lächelte.

Danach kam das Billard.
Ich stütze meine Hand fest auf das Tuch,
wie bei den Frauen, ohne nachzudenken,
ich ließ mir von der Zigarette dabei en Mund verbrennen,
tat zerstreut und schaute die Gegner an.
Mein Gang war erhaben. Ich gewann fast immer.
Wenn ich Billard spielte, war ich unwiderstehlich.
 

Ich rauchte Fontanares
und träumte den ganzen Tag lang von einer reichen Alten;
ich wollte das Meer kennen lernen,
hätte mein Leben gegeben für einen Tag am Meer.

Ich erinnere mich an alles in der grellen Sonne,
die Sonne in den Ohren, drin im Hemd,
unter den Armen, zwischen den Beinen, die Füße voller Sonne.  

Eine Frau nannte mich Alterchen und wischte mir die Nase ab.

Danach glaubten sie mir nicht, wollten Beweise sehen.
Ich habe auf meinem Schreibtisch einige Bilder,
eine Maschine, eine Votivlampe,
Papiere und Gedichte. Mein Schicksal steht fest.

Den Tango tanzte ich mehr oder weniger,
mit ein paar Frauen konnte ich´s,
mit ein paar Frauen konnte ich´s nicht.
Aber ich hatte einen Blick,
Trauer in dem Blick und schrieb Gedichte.

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GANZJÄHRI
G

10. Juni 1977

Als Wachsen und Disziplinertsein notwendig war
wuchs ich und legt mir einen Nostalgieblick zu.
Die Disziplin kommt von allein.

Ich lernte von der Seite zu blicken
Katastrophen hervozurufen und mich zu verjüngen.
Sie gaben mir ein Diplom.

Ein paar Leute kommen und fragen mich nach dem Wachsen
Und der Disziplin.
Ich sage ihnen das Diplom hätte ich aufbewahrt
in der Schublade des Schreibtischs wo ich
die Bilder von den Toten aufbewahre.

Ich beschloss dann mutiger zu werden,
einen Gewaltsport zu betreiben.
Zu den Handschuhen zurückzukehren.
ein Erfolgsmensch zu werden.

Ich schrieb ein paar Gedichte darüber.

Von der Vergangenheit blieb im Gesicht
mein Dämelsackblick übrig.
Von der Vergangenheit
blieb mir der Tonfall.

Danach
nahm ich sie mir allmählich aus dem Kopf, die Sonne, die dummen Illusionen.
 

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13. Juni 1977

Gib mir dein Brot und meine Freude war, dein Brot zu sein.
Gib mir deine Milch und meine Freude war, dir meine Milch zu geben.
Gib mir dein Blut und wir hatten Kinder.
Gib mir dein Denken und ich dachte dich.
Gib mir deine Seele und ich erzählte dir meine Träume.
Gib mir dein Brot, deine Freiheit, dein Denken
und ich, ich widmete dir Gedichte.

Gib mir deine Liebesmilch, gib mir deine Milch
und meine Freude war, dir mein Fleisch zu geben und mein Blut
und ich erzählte dir meine Träume.
Gib mir deine Lust und ich bat dich um deine Freiheit.
Gib mir meine Feiheit und ich fragte dich nach der Lust.
Gib mir dein Sein, dein ureigenstes Sein, das wahrhaftige
Und ich stellte mich auf alle Viere.

Gib mir ein Ich, es ist dir doch zu nichts nütze.
Dann sagte ich dir, mein Liebstes, gib mir alles zurück
ich kann nicht.

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11. Juni 1977

Der Feind ist gefährlich.
Er hat eine Maschine um Illusionen zu schaffen.
Der Feind ist gefährlich,
er hat eine Maschine um Illusionen wieder hervorzubringen.

Der Feind
hat Gesetze die bestimmen
die Anhäufung von Illusionen.

Die Poesie
benutzt sie,
eine gute Waffe gegen den Feind!

12. Juni 1977

Das Gleichgewicht muss gebrochen werden
man muss die Ordnungskräfte zur Ordnung rufen.
Man muss die Unschuldigen fürchten,
die Unschuldigen haben den Befehl zum Erschiessen.

9. Juni 1977

MEINE LIEBEN,

Ich werde unruhig warten
und glauben alles würde geschehen.
Ich werde mutig sein
denken der Tod sei unvermeidbar.

Sie werden wachsen
mit ungewöhnlicher Gewalt
einige Blumen.

Neue Wörter werden  es uns anzeigen
das Nahen anderer Gerüche.
Neue Menschen.
Herzensfeste.

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Stella Cino Nuñez

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Eröffnung: Freitag, 8. März, 19 Uhr

Ende: Sonntag, 17. März, 14 Uhr

Sala Manolo Revilla
Mutual comlutense                            
C/Nueva 10 .
in Alcalá de Henares

Öffnungszeiten:
montags bis samstags: 19 – 21 Uhr
Sonntags: 12 bis 14 Uhr


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