INDIO GRIS

EINPERSONEN-ZEITSCHRIFT ZUR ANSAMMLUNG VON MÜLL
   NR. 45 JAHR 2001 DONNERSTAG, 5 APRIL
ES FUSIONIERT, LEITET, SCHREIBT UND VERANTWORTET: MENASSA 2001

WIR KÖNNEN ZWAR NICHT SPRECHEN, DAFÜR TUN WIR'S IN MEHREREN SPRACHEN
SPANISCH, FRANZÖSISCH, ENGLISCH, DEUTSCH,
ARABISCH, PORTUGIESISCH, ITALIENISCH, KATALANISCH


INDIO GRIS IST PRODUKT
EINER FUSION
DER GLANZ DES GRAUS
UND
DER INDIANER AUS DER JARAMA
DIE ZUKUNFTSTRÄCHTIGSTE FUSION DES 
21. JAHRHUNDERTS

Indio Gris


INDIO GRIS NR. 45

1

DAMIT ETWAS ENTSTEHEN KANN, MUSS ETWAS VERGEHEN
ODER
DAS NEUE AUSLÄNDERGESETZ

 

Jetzt wachsen, das heibt:
sich üben mit fruchtbarem Willen
um in ein paar Jahren wissen zu können,
wie man lebt, liebt in einer anderen Welt.

Jetzt wachsen,
unsere Grundsätze umlenken,
unsere Leidenschaften einsperren,
sie erträglich machen, und wenn eines Tages
ich ein seltsames Drängen versprüre
das mich, in dem es mich befreit, verurteilt:
werde ich nein sagen, tausendmal nein.

Jetzt wachsen,
den Wert des Geldes verstehen.
Das Geld kann, wenn es will,
mit einem einzigen Schlag jedes Gutsein vernichten,
das Nichts befruchten,
die Wüste mit Blumen schmücken
und aus dem Menschen und dem Stein
die vollkommenen Liebenden machen.

Jetzt wachsen,
sich vom Vertrag leiten lassen.
Gründlich unsere Gefühle kennen lernen
um sie loszuwerden.
Niemals bei der Arbeit
als Vorwand eine Liebe angeben,
weil sie mir die Liebe wegnehmen
und mir kein Geld geben werden.

Jetzt wachsen, das heibt jetzt ausruhen.
Es war mir nicht möglich, irgendwo etwas zu finden
weder Liebe, noch Vorteile, weder Brot noch Einsamkeit,
deswegen verurteile ich mich zum Schreiben eines Gedichts.

Ein Gedicht eines Menschen,
der bereits alles hatte
und träumen möchte.
Ein Gedicht eines Menschen
der den  Tag über träumt
aber nicht lieben kann.
Oder die Geschichte eines Menschen,
der nach 20 Jahren harter Arbeit
sich schlie
blich entspannen konnte.
Oder jener Mensch, der nur
seine Mutter liebte und der
einen tragischen Unfall auf dem Meer hatte.

Tapfere Männer,
Männer aus festem Stahl,
Kämpfer,
in den Stra
ben der Stadt,
alle gegen alle.

Ich bin ein Mann
und schreibe mit Gewalt.
Manches Mal wei
b ich endlich
etwas, was ich nie erlebte.
Anderes, merke ich, lebe Leben,
die ich mir niemals ausmalte.

Ich bin elegant und gehe in Worte gekleidet,
gleichzeitig begehren mich Männer und Frauen,
und das gibt mir Mut, um im Gedicht zu bleiben.
Sie lassen mich fühlen, ich schreibe für die Welt.

Ich sage violett, tupfe hier violettgestalt
Und der Horizont verfärbt sich mit Gewalt.
Ich sage Gewalt, tupfe hier Gewalt
und ein Mann entreisst sich seine Genitalien
und bringt sie Gott dar.

Oder, eine Frau sagt zum Mann,
bring mich um! Bitte,
und er bringt sie um mit gewisser Nervosität
und die Frau, voller Freude,
genie
bt während sie stirbt.
Den Mann
stecken sie ins Gefängnis für 30 Jahre
und als sie ihn rauslassen 
erblindet ihn ein Licht,
und er stirbt überfahren und blind
von einem Kind auf seinem Fahrrad.
Ein Mann, eine Frau prallen im Leben aufeinander
und reissen einander mit wie die Bestien
und lächeln einander an, herzlich und umarmen sich
bevor sie fallen.
Dieses einander Umarmen rettet sie.

Danach füllt sich ihr Leben mit Papieren,
Geborenwerden-, Geborenwordenpapiere
in einem Land, in einem Volk.
Bestätigungspapiere dafür,
dass Vater und Mutter Sex hatten.
Beweispapiere dafür,
dass ich hier Mensch bin.

Hier, auf diesem Papier steht sehr klar
dass dieser Mensch, der ich bin,
von menschlichen Wesen abstammt
und das Papier versichert,
mit der Kraft des geschriebenen Wortes,
dass im Augenblick des Fotografierens
dieser Mensch, der ich bin, lebte.

Kommt her zu mir, ich hab’ zum Nichtgeben.
Nichts gar nichts hat der Ausländer, nichts
und doch hat er einen Vers in den Augen:

Es kreist das Leben, kreist und hält auch inne.

Hier sind, mein Leben, meine Kinder, mein Geld
Meine zukünftige Arbeit, all das von mir Geliebte.
Gebt mir wenigstens ein Papier auf dem steht:
Der Ausländer Juan hat nichts
gab alles für ein Papier.

Ich habe nichts, nicht einmal Würde,
wenigstens ein Papier, auf dem steht, ich habe gelebt.
Das war Juan, stammte von Vater und Mutter ab
war eigentlich ein Mensch,
lebte aber wie ein Hund, ohne Liebe und ohne Herr.

Auch beim Sterben, misslangen ihm die Papiere
und niemand bemerkte seinen Tod.
“War nicht da”, “kam nicht”, “hatten ihn eingestellt”
aber niemand konnte denken, er sei gestorben.

Papiere, gebt mir Papiere,
ich bin die Frau aus dem Tal, wo die Strahlung
allmählich die Vögel verschlang
Auch an meinem Körper sind Zeichen von der Explosion.
Die wilden Kriegskampfwagen im Morgengrauen
durchquerten sie unseren Körper.
Nicht einmal die Seele lie
ben sie uns.

Wir wurden lebendig verbrannt und jedoch
auf meinem Körper glänzt
das Streicheln des Liebsten beim Abschied.
Meine Lippen sind vom Salz des Lebens aufgesprungen
und dennoch, wenn er wiederkommt,
ist er sü
b, der Kuss des Liebsten
auch wenn er wieder geht.
Christuskreuze und Gottheiten fanden auf dem Weg
durch mein Dorf keinen Trost, als sie sahen, was los war.
Kain, der Mörder, lebte
und Abel-Träumer war unerreichbar.

In meinem Dorf wurden die Jungfrauen vergewaltigt,
sie sollten nicht krank werden,
und sie wickelten die Kinder zu von der Hüfte an abwärts,
so dass die Ärmsten nicht laufen konnten.
Und wenn es kein Brot oder Fleisch oder Benzin gab,
wurde irgendein Armer umgebracht, irgendeine Hure.
Und es gab Nächte, in meinem Dorf: die Heimat,
die Bombennächte genannt wurden,
in denen wir uns einer auf den anderen hinlegten,
damit die unten nicht umkamen.

Und danach gab es Schreckliches, das man vergisst,
Schreckliches für das die ganze Schuld
bei Gott lag.

2

MENASSA EN BUENOS AIRES

del 16 abril al 13 de mayo

 

3

DIE RINDERKUH WAR IMMER
ETWAS WAHNSINNIG  

MONOLOG ZWISCHEN DER KUH
UND DEM STERBENDEN
Ein Buch von Miguel Oscar Menassa

"Ich habe Verlangen, Esslüste, Hunger auf Jahrtausende, und jetzt wollen sie mich abstillen mit einem Stück Käse, Wucherungen einer Weidekuh, oder die gleiche Kuh mit Stöcken erschlagen und auf dem Tisch zerstückelt, erinnert an alte Rituale, als die Menschen sich einander auffrassen, und das war die Liebe.
              Ich steche erbarmungslos mit meinem Messer gegen das Herz der Kuh, und die Kuh brüllt auf, sie zerreisst sich aus Leidenschaft dem Mörder gegenüber. Und ich, mit der Präzision eines Chirurgen, trenne Fett und Nerven ab und gebe meiner Geliebten einen Bissen von den verkohlten Eierstöcken der Kuh.
              -Wir sind frei, sagt sie zu mir, während sie dem Knirschen ihrer Zähne zuhört und versucht, die verbrannten Teile des Universums zu beugen.
             Danach, schon leichter, indem sie aus allem ein Spiegelbild macht, eine Lüge, meint sie ganz gelöst zu mir:
             In mir lebt eine meisterhafte Kuh, die die ganze Zeit über brüllt und ermordet. Manchmal  tut es ihr anscheinend weh, und dann scheisst sie überall hin, und die wahnsinnig gewordenen Blumen fressen die Essenz der Scheisse auf und wachsen beschleunigt der Zukunft entgegen."

4

EINE LEIDENSCHAFTLICHE LIEBE
EIN GRENZENLOSES BEGEHREN
EINE FRAGLOSE ZÄRTLICHKEIT

Ein Buch von Miguel Oscar Menassa
Für ein besseres Vertragen mit seiner Lebensgefährtin an Feiertagen
Und an dem einen oder anderen Arbeitstag

 

“Dieser Roman ist ein Denkmal an den Wunsch und nicht an seine Befriedigung, und der Wunsch passt weder in Formen noch in Normen.”  

                        Leopoldo de Luis

“Menassa macht aus der Erotik eine wahrhaftige Enzyklopädie der sexuellen Beziehungen”

Juan-Jacobo Bajarlía


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