INDIO GRIS
EINPERSONEN-ZEITSCHRIFT ZUR
ANSAMMLUNG VON MÜLL
NR.
34 JAHR 2001 DONNERSTAG, 18. JANUAR
ES
FUSIONIERT, LEITET, SCHREIBT
UND VERANTWORTET: MENASSA 2001
WIR KÖNNEN ZWAR NICHT
SPRECHEN,
DAFÜR TUN WIR'S IN MEHREREN SPRACHEN
SPANISCH, FRANZÖSISCH, ENGLISCH, DEUTSCH,
ARABISCH, PORTUGIESISCH, ITALIENISCH, KATALANISCH
INDIO GRIS
IST
PRODUKT
EINER FUSION
DER GLANZ DES GRAUS
UND
DER INDIANER AUS DER JARAMA
DIE ZUKUNFTSTRÄCHTIGSTE FUSION
DES
21. JAHRHUNDERTS
INDIO GRIS NR. 34
1
Was
bringt mich eigentlich um, Liebes, wenn mich niemand umbringt.
Ich muss etwas Wahnsinn in mir aushalten, um weiter machen zu können.
Ich verstehe, ohne ganz zu verstehen, und es macht mich ein wenig wütend und
ein wenig lachen, dass
das allen Menschen passieren soll und jedem einzelnen im besonderen.
2
Ich bin wie geschlagen, sagte der Verurteilte, mutlos, kraftlos. Ich mache ja all mein Zeug, aber halt so, mutlos, kraftlos.
Ich raffe mich dazu auf, das, was ich sage, zu sagen, weil ich in letzter Zeit, viele Menschen kennen gelernt habe, die wegen irgendeiner Depression aufhören wollen zu arbeiten.
3
13.
JANUAR 2001:
Niemals, niemals, niemals macht mich eine bestimmte Frau heiss, und das bedeutet, dass ich es ziemlich an den Nerven habe.
4
Ich
benütze alles zur Hälfte.
Ich kenne keine Maschine vollständig.
Ich kenne kein Werk vollständig.
Ich kenne kein Leben vollständig.
Auch
ich habe mich leiten lassen, oftmals,
von Intuitionen, von grossen Schlagzeilen.
Es
gab Dinge, die ich erleben musste,
von denen ich niemals wissen wollte, warum es ging,
und es gab vorzügliche Speisen, die ich niemals kostete
und Speisen, die ich fast jeden Tag verspeiste,
von denen ich niemals wissen wollte, wie sie gemacht werden,
und manches Mal brachte ich den ganzen Tag
damit zu, für andere zu kochen.
Wenn
ich siegen musste, siegte ich halbwegs
Und niemals kam ich auf dem Grund
eines Abgrundes an.
Ich
liess mich niemals bis zum Ende lieben
und, was mich betrifft,
ich liebte sie wahnsinnig, aber von Zeit zu
Zeit.
Und
es gab Kreise, die ihre Grenzen zersprengten
und Quadrate, die sich dem Meer öffneten.
Und für mich schien alles natürlich, aber halbwegs,
Auch zweifelte ich daran, es könnte das geben:
eine grenzenlose Liebe, eine
wortlose Seele.
5
Indio Gris, eine Stimme, maschinell erreichbar.
6
Ich sah sie, sagte der Verurteilte, ich liebte sie und tötete sie wegen der Zweifel, ihre Liebe könnte mich anketten.
7
Ich
wäre glücklich, wenn ich irgendeine Mässigung in etwas könnte.
Ich habe schon 60 Jahre lang intensiv gelebt, jetzt muss ich gemässigt leben.
Nur mit Frauen, die mich begehren.
Nur mit betuchten Freunden.
Nur mit gut geschriebener Poesie.
Und so werde ich gemässigt dabei alt werden.
8
Ich fühlte mich ein wenig deprimiert, aber es stimmt auch, dass ich versuche, alle Welt zu täuschen, damit sie mich in Ruhe meine Kreativ-Erfahrungen erleben lassen. Ich muss aufhören damit zu sagen, ich sei deprimiert. Ich muss mich von allen Leuten fernhalten, die nicht das Projekt Gruppe 0 lieben und ganz tapfer sagen:
Ich bin nicht deprimiert, ich bin verliebt in meine Verse.
9
Ich muss leben, sagte der Verurteilte, als ob ich bewacht würde. Meine Leidenschaften müssen geheim bleiben.
Ich weiss nicht, was ich will, wahrhaftig, ich weiss nicht, was ich will,
Dann habe ich gewisse Schwierigkeiten das zu bekommen, was ich will, von dem ich nicht weiss, was es ist.
Meine Arbeit - wie auch immer - zu pflegen, aus meiner Arbeit eine zeitlang mein Leben zu machen, und danach werde ich schon ein Leben haben.
10
Wer nicht kann, in den Müll mit ihm, schrie der Verurteilte, bald wird die Liebe kommen.
Es gibt keinen Trost für mich: eine Frau anzusehen heisst, nicht die andere anzusehen.
Wenn ich weiterhin annehmen kann, dass es ist gut (richtig) ist, was wir machen, so wird das, was wir machen, richtig sein. Aber es kommt vor, dass auch ich mich manchmal vernachlässigen möchte.
Auch ich werde angegriffen von kindlichen Moralansichten, manchmal.
Wenn alle auf mich ihre Ansprüche losfeuern, kommen auch mir die Arme meiner Mutter fremd vor.
11
Etwas, was sich ohne meine Kraftansterengungen aufrecht erhalten lässt, das wird gut für mein Alter sein.
12
8. JANUAR DES JAHRES 2001:
Ich würde gerne mit meinen Gesellschaftsessays anfangen. Etwas Liebe in der Politik und etwas Politik in der Liebe.
13
Sie macht es möglich, dass ich ihr nicht zuhöre, und natürlich höre ich ihr nicht zu.
Danach im Laufe der Jahre wird sie sagen, sie sei geheilt, weil ich ihr wie niemand sonst zuhörte.
14
Ich muss mit den Liebesbeziehungen aufhören, sagte der Verurteilte. Ich muss die Poesie über uns alle hinwegziehen lassen.
Zulassen, dass die Erkenntnis unsere Moral zerstört.
Hätte ich nicht die grossen Dichter gelesen, würde ich mir aussererdisch vorkommen.
Obwohl, ich muss zugeben, ich fühle mich weder länger genial noch blöd. Ich habe angefangen zu wachsen.
15
Etwas
Angst habe ich oder viel,
ich lebe wie in Schrecken,
als hätte ich die Steuern nicht bezahlt,
als hätte ich angesehen, was ich nicht hätte sollen,
oder hätte mir meine Arbeit zu eigen gemacht.
Wie
schlecht ging’s mir, aber richtig schlecht,
den ganzen Tag im Bücken um ihm auszuweichen,
dem Kugelschuss, der mich mitten zwischen die Augen träfe,
hätte ich nicht in den letzten Jahren im Bücken gelebt.
Es
war der Teil der Kloaken, der überschwappte,
den Kopf flach auf dem Erdboden lernte ich die Liebe kennen,
den Kopf leicht verrenkt, um den Angreifer zu sehen,
entdeckte ich ihre Beine nackter Brillianten.
Ich
wollte ihren Permuttpo küssen oder Dilirium
und meine Lippen küssten heiss den Pfad.
Die
schöne Frau belachte alles von mir,
tat als tanzte sie über meinem Kopf,
und sie warf mir beim Abschied eine Kusshand zu,
gleichgültig,
als ob ich einen Kuss auffangen könnte.
Danach
im Trab wiegte sie sich in den Hüften, absichtlich,
und sagte mir vielleicht, falls ich
sie liebte, ihr doch zu folgen.
Ich
fragte den ersten Passanten,
Ob er mir aufhelfen könnte,
und der Arme fragte mich zärtlich, warum?
Bekümmert dich vielleicht ein Liebestraum?
Es
ist eine grenzenlose Liebe, sagte ich zu dem Vorübergehenden,
Eine Liebe, die mich beim Entschwinden in Freiheit will.
Frei von Füssen, Händen, Worten,
Alles für die Liebe.
Eine
Riesenwelle, die der Ozean nicht loslassen kann.
Eine Riesenwelle, die der Ozean loslassen will.
16
DIE
RINDERKUH WAR IMMER
ETWAS
WAHNSINNIG
MONOLOG ZWISCHEN DER KUH
UND DEM STERBENDEN
Ein Buch von Miguel Oscar Menassa
"Ich habe Verlangen, Esslüste, Hunger auf Jahrtausende, und jetzt wollen sie mich abstillen mit einem Stück Käse, Wucherungen einer Weidekuh, oder die gleiche Kuh mit Stöcken erschlagen und auf dem Tisch zerstückelt, erinnert an alte Rituale, als die Menschen sich einander auffrassen, und das war die Liebe.
Ich steche erbarmungslos mit meinem Messer gegen das Herz der Kuh, und die Kuh brüllt auf, sie zerreisst sich aus Leidenschaft dem Mörder gegenüber. Und ich, mit der Präzision eines Chirurgen, trenne Fett und Nerven ab und gebe meiner Geliebten einen Bissen von den verkohlten Eierstöcken der Kuh.
-Wir sind frei, sagt sie zu mir, während sie dem Knirschen ihrer Zähne zuhört und versucht, die verbrannten Teile des Universums zu beugen.
Danach, schon leichter, indem sie aus allem ein Spiegelbild macht, eine Lüge, meint sie ganz gelöst zu mir: