INDIO GRIS

EINPERSONEN-ZEITSCHRIFT ZUR ANSAMMLUNG VON MÜLL
   NR. 33 JAHR 2001 DONNERSTAG, 11. JANUAR 
ES FUSIONIERT, LEITET, SCHREIBT UND VERANTWORTET: MENASSA 2001

WIR KÖNNEN ZWAR NICHT SPRECHEN, DAFÜR TUN WIR'S IN MEHREREN SPRACHEN
SPANISCH, FRANZÖSISCH, ENGLISCH, DEUTSCH,
ARABISCH, PORTUGIESISCH, ITALIENISCH, KATALANISCH


INDIO GRIS IST PRODUKT
EINER FUSION
DER GLANZ DES GRAUS
UND
DER INDIANER AUS DER JARAMA
DIE ZUKUNFTSTRÄCHTIGSTE FUSION DES 
21. JAHRHUNDERTS

Indio Gris


 INDIO GRIS NR. 33

1

Ich muss mich selbst überwinden, sagte der Verurteilte traurig, kein Mensch kann auf das Leben eines anderen Menschen Einfluss nehmen.

Ich aber liebte sie, ich begehrte sie in vollem Glauben.. Das war mein einziger Irrtum. Niemals wird das wieder passieren, niemals.

2

Sie weint die ganze Zeit, weil ihr Papa sie besser behandelt als ihr Mann.

3

5. Januar des Jahres 2001

Es macht mir großen Spaß im Jahr 2001 zu sein. Es macht mir noch größeren Spaß, dass ich mit all meiner Kraft angestrebt habe, in dieses Jahr zu gelangen, als ob es etwas wichtiges für mich bedeute. Als ob der gegenwärtige Mensch an einen Ort gelangen könnte, wo er bleiben möchte, weil dort Friede und Intelligenz ihr Reich eingerichtet haben. Ich gebe jedoch zu, dass ich über diese kleinen Philosophieversuche hinaus mit all meiner Kraft 2001 anstrebte. Als ich im Jahr 95 die Kraft hatte, eine Zeitschrift für Poesie ins Leben zu rufen, die 125.001 Gratisexemplare pro Monat hätte, LAS 2001 NOCHES , dachte ich an das Jahr 2001 und hatte wieder einmal Lust dahin zu gelangen, weil ich dem neuen Jahrhundert etwas anzubieten hätte. Ich dachte immer daran:

Wenn erst das Jahr 2001 kommt, wird alles Freude, alles Feiern sein.

1961, vor 40 Jahren, veröffentlichte ich meinen ersten Gedichtband, Pequena Historia.

1971, vor dreißig Jahren, schrieb und unterschrieb ich zusammen mit anderen Freunden,  das Erste Manifest der Gruppe 0.

1981, vor zwanzig Jahren, wurde die Gründungsakte der Schule für Psychoanalyse der Gruppe 0 geschrieben.

4

Nicht Paris, Buenos Aires war’s, das mich auf die Welt kommen sah,
deswegen, Amiga, Regazza, Tangomädchen, erschreckt mich nicht die Bewegung.

Ich bin des Tangos Brise, die beim  Nachziehen der Füße weht.
Die Silbertaille, die im Takt bricht.
Der Mann, der am nächsten Morgen starb, um sie tanzen zu sehen.
Das gelangweilte Weib, das einen Billardstock ritt
dabei träumt, dass sie’s allein kann,
das Leben allein leben, ihre Einsamkeit lieben.

Und der durstige Besoffene, der ununterbrochen trinkt,
in Erinnerung an seine Mutter, die Höllenbraut.
Und er besäuft sich und denkt, alles wäre egal
und seine Hände zittern vor so viel Straflosigkeit
Und er reisst seinen Leib auf und möchte vergessen
und vergisst aber nicht den Namen dessen, der ihn töten wird.

Ich bin des Tangos ökumenische Hunde,
die Hunde, die beim Verbrechen aus Leidenschaft dabei sind,
die so blöd oder verrückt den Mond anbellen
wenn auf dem Gehsteig die Geliebte des Eingangstors dahinsiecht.

Ein Angstkeil bohrte sich in ihre Kehle.
Ein Eifersuchtskeil verurteilte sie zum Sterben,
ein Mensch verliebt in einen anderen Menschen,
ein Horrorkeil, der ohne zu lieben, sie tötete.

Und dann bin ich des Tangos Seelenfreund,
der um zwölf nicht da ist, wo du ihn erwartest,
der die Wahrheit schlägt, wenn die Wahrheit schmerzt
der nie mit dir den Sieger teilt.

Ich bin des Tangos Clown der Dreikönigsnacht,
der seine Geliebte tötete, um sie lächeln zu sehen,
mit einem Mann in den Armen, mit geöffneten Beinen,
verrückt gewordener Liebhaber des Dolchs, er tötete sie ohne Grund.

Und ich bin auch des Tangos klauender Arbeiter,
der an seine Kinder denkt, ein Stück Brot.
Ich bin des Tangos zwischen Gittern eingesperrte Nacht,
die die Strassenlaterne an der Ecke, nicht mehr erhellen möchte.

5

19. August 1988, Strand von Salobrena:

Danach wurde ich der Freiheit geboren, und sie ketteten mich an
und sie hielten mich so fünf Jahrhunderte lang,
lebendig und angekettet, und sie gaben mir was zu essen,
einige Tränen zum Weinen um das Verlorene.

Ich aß diese Scheisse, die sie mir gaben und weinte diese Tränen
und ich merkte, dass meine Freiheit nur ein Kettenglied groß war.
Ein Rasseln trennte mich von dem nächsten Rasseln, eine Kette
fesselte mich an wieder eine Kette und an Menschen wie ich.

Hört das Rasseln der zersprungenen Ketten! Und nichts war zu hören.
Freiheit! Freiheit! Freiheit! Und niemand bewegte sich.
Friede und Liebe sagten sie uns und der Krieg brach aus.

Sklaven, Exilbewohner, Versehrte, Tote, Vermisste,
so bekamen wird die Namen des Schmerzes und der Wut.
So, auf diesem einzigen Weg des Überlebens, wurden wir zu Dichtern.

6

6. Januar 2001, Madrid:

Sie liebt ihren Vater. Ich bin´s der NEIN sagen muß.

Und das gilt für jede Frau, für jeden Mann, welchen Platz auch immer sie inne haben in der Liebe und für alle Zeiten der Heranbildung des Subjekts.

Und SIE, obwohl sie ein Mann trägt, wird nicht aufhören, ihren Vater zu lieben und dieses des Menschlichen, das kein Mensch überwinden kann, ist die Grundlage für die Existenz des GESETZES.

 Und SIE, noch einmal, obwohl sie ein Mann trägt, wird erst aufhören, ihren Vater zu lieben in der Zeit, während die Bestrafung zur Strafe wird.

SIE, obwohl sie ein Mann trägt , konkurriert mit ihrer Mutter, mal seh´n, wer hier die die Verrückte ist. ER, obwohl ihn eine Frau trägt, bekommt eine Erziehung, weil er schnell akzeptiert, dass die Verrückte die Mutter ist.

 SIE liebt ihren Vater, ich bin´s, der NEIN sagen muss.

 7

 Ich bin, fühle mich gefesselt an eine unberechenbare Schlange, die niemals sterben wird, jedoch kriecht.

Jedesmal, wenn ich mich  selbstständig bewegen möchte, drückt sie zu.

Wenn ich an ihrer Seite bleiben möchte, indem ich zusammen mit IHR krieche, drückt sie zu.

 8

 8. Januar des Jahres 2001:

 Ich muss verschiedene Dinge definieren können und das einzige, was ich merke, ich bin nicht daran interessiert jemanden zu bestrafen. Manchmal glaube nicht mal ich mehr, dass es Brot für alle geben wird, obwohl mein ganzes Leben dafür kämpft. Es ist wenig zu erwarten von einem

Soldaten, der für mehrere Armeen gleichzeitig kämpft, er wird sich in der Sprache irren, im Losungswort, in den Waffen und wird schliesslich seine Freunde mit seinen Feinden verwechseln und sie umbringen wollen.

 9

 Heute werden wir Sex machen wie die Hochöfen, die den Stahl biegen, und er hört nicht auf zu glänzen.

 10

 Biegt ihm einen Fingernagel um, schrie der Verurteilte, den Klauen des Todes, bevor er stirbt.

 11

 Ich weiss eigentlich nie, ob das, was ich tue, richtig oder unrichtig ist, aber es gibt Dinge, die kann ich nicht sein lassen, obwohl ich es mir manchmal vornehme.

 Jeden Morgen die Wirklichkeit küssen. Was immer auch die Wirklichkeit ist, sie küssen, sie mein machen in diesem Kuss, und sogar den Tod küsste ich eines Morgens, und dennoch kann ich nicht aufhören, die Wirklichkeit zu küssen.

 12

Ich fühle mich bewacht, auch von der Muße.

Ich beschreibe schlicht und einfach meinen bedauernswerten Zustand: Fingernägel eines Gitarrenschlägers, ohne Gitarre. Lang, zartrosa an der Wurzel durch den Sauerstoff der geschwind und genügend in die entferntesten Teile der Seele gelangt und schmutzig auf dem Gipfel aus Liebe zur Erde, den Bäumen, wo sie die Gitarre losgerissen haben.

13

Um weiterhin das Zeichen ihrer Kindheit tragen zu können, in ihrem Fall war das, die Beste der ersten Grundschulklasse gewesen zu sein, tat sie sich zusammen, liess sie sich von Armen lieben und von wenig intelligenten Faulenzern.

Danach beklagte sie sich die ganze Zeit über, die Leute in ihrer Umgebung seien zu nichts nütze.

14

Heute hatte ich Angst, sagte locker der Verurteilte, ich merke, ich wäre imstande sie zu töten. Und danach werde ich bestimmt der Schuldige sein.

Nein und wieder nein, mir folgen jedoch die Schmerzen. Etwas fügt sich nicht ineinander, etwas bricht.

15

Indio Gris ist unsterblich. Er lebe hoch! Wie komisch! wie komisch doch.

 16

 Es ist schon beeindruckend, sagte der Verurteilte, wie  ich langsam kaputtging, damit sie mich liebten und erreichte nichts.

 Jetzt, wollen sie bestimmt, dass ich sie etwas liebe, und ich werde nicht mehr können.

 Hätte ich nicht die Poesie gehabt, ich hätte alles aufgegeben, auch das Leben.

 17

 Die Sinne neu zu ordnen, wenn man zum Tode verurteilt ist, bedeutet nur: ein bisschen besser leben, und das ist die einzig mögliche Organisation.

 Geld verdienen, viel Geld, nur um unsere Schriften zu veröffentlichen, ist nicht schlecht und mit der Zeit kann es für viele Mitglieder ein gutes Geschäft sein.

 18

 2. November des Jahres 2000:

 Morgen vor sieben Jahren haben sie Pablo umgebracht. Der Mörder ist frei und Pablo ist immer noch tot.

 Es gibt Dinge bei der Gerechtigkeit, die ich nicht verstehen kann. Es gibt Dinge bei Gott, die ich nicht erklären kann.

19

EINE LEIDENSCHAFTLICHE LIEBE
EIN GRENZENLOSES BEGEHREN
EINE FRAGLOSE ZÄRTLICHKEIT

Ein Buch von Miguel Oscar Menassa
Für ein besseres Vertragen mit seiner Lebensgefährtin an Feiertagen
Und an dem einen oder anderen Arbeitstag

 

“Dieser Roman ist ein Denkmal an den Wunsch und nicht an seine Befriedigung, und der Wunsch passt weder in Formen noch in Normen.”  

                        Leopoldo de Luis

“Menassa macht aus der Erotik eine wahrhaftige Enzyklopädie der sexuellen Beziehungen”

Juan-Jacobo Bajarlía


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