INDIO GRIS

EINPERSONEN-ZEITSCHRIFT ZUR ANSAMMLUNG VON MÜLL
   NR. 25 JAHR 2000 DONNERSTAG 16. NOVEMBER
ES FUSIONIERT, LEITET, SCHREIBT UND VERANTWORTET: MENASSA 2000

WIR KÖNNEN ZWAR NICHT SPRECHEN, DAFÜR TUN WIR'S IN MEHREREN SPRACHEN
SPANISCH, FRANZÖSISCH, ENGLISCH, DEUTSCH,
ARABISCH, PORTUGIESISCH, ITALIENISCH, KATALANISCH


INDIO GRIS IST PRODUKT
EINER FUSION
DER GLANZ DES GRAUS
UND
DER INDIANER AUS DER JARAMA
DIE ZUKUNFTSTRÄCHTIGSTE FUSION DES 21.
 JAHRHUNDERTS

Indio Gris


  INDIO GRIS NR. 25

 1

 Wie schrecklich: 25 Minuten am Reden und hat noch kein einziges Wort gesagt. Der wird mal ganz wenig Geld verdienen.

 2

 Menassa, mach’ dich stark, die Welt kommt. Alles, was gesät und gewässert und gepflegt wurde, wird wachsen.

 3

 Ein Desaster, meine Liebe, ein wirkliches Desaster. Nachdem ich verschiedenen Anweisungen gefolgt bin, um meine Verbindung zu erhalten, habe ich mich so verheddert, dass ich den kleinen Computer fast zum Fenster hianusgeschissen hätte.

Die modernen Argonauten sind ein wenig egoistisch, sie können niemandem nichts beibringen. Alles lernt man durch Surfen. Die Argonauten ähnen dem primitiven Menschen.

Ich habe schon an mir gezweifelt, als ich darauf kam, folgendes zu sagen: hier bin ich, Genossen, und ich verstehe keinen Arsch, und wenn ich nicht um Hilfe schreie, so, weil ich ein toller Macho bin, wenn ich Tango tanze, aber ich merke, dass ich hier sitze und eine Zukunft auftue, die ich nicht kenne. Ich bin 60 Jahre alt und kann es nicht glauben, jeder Typ hier weiss mehr als ich, der ich andererseits mich ans Schreiben machen sollte. Ich bin verblüfft, immer wenn ich schreiben möchte, muss ich das Ding anstellen, und es dauert immer etwas, ich muss immer warten.

 4

 Ich muss zugeben, also mit der Ansammlung von Müll, Geschriebenes aus Heften aus vergangenen Zeiten zu übertragen, habe ich nicht viel Zeit, zu schreiben, was mir gegenwártig passiert und einiges davon  ist, um die Wahrheit zu sagen, wert, Stehplätze auf dem Balkon zu vermieten.

Ich kann nicht viel, ausgenom,men die vier immensen Gedichte, die ich zu meinem Geburtstag schrieb, man kann sagen, ich kann nicht schreiben. Etwas stockt in mir, etwas ist dabei, sich zu vervollkommnen. Morgen werde ich mehr können.

 5

 Morgen ist heute und der Fisch unverkauft. Ich nehme wahllos ein Heft heraus, und ich finde das Datum 11. September 2000,  und ich schäme mich für das, was da steht: ich bin zu dem praktischen Schluss gekommen, sagt das Subjekt, dass ich alle Leute in meiner Nähe, also gut fast alle, lieber als Patienten als als Freunde hätte. Fast alle, soll heissen, einige hätte ich nicht einmal lieber als Patienten.

 Das wird finanziell rentabler sein, aber ein Mann meines Alters soll auch einen Freund haben, eine Geliebte, die nichts mit seiner Arbeit zu tun hat.

Der Indio Gris ist nicht nur etwas Schöpferisches und Geniesserisches. Er ist hauptsächlich das Wirkungsprodukt verschiedener Arbeiten.

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 Ich bin wieder unter dem Joch. Der erste Patient sah mich bereits böse an. Es stimmt schon, dass ich etwas zerstreut war und nicht merkte, dass er mich böse ansah.

 7

 Du kannst dich umbringen, sagte der Verurteilte zu seiner Frau, heute nacht werde ich deine Grabsteininschrift schreiben.

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 9. September 1991: was mir passiert hat strenggenommen nicht so unmittelbar, wie ich es glaubte, damit zu tun, was meinen lieben Nächsten passiert.

Didaktisches Beipsiel: Ich verdiene zum Beispiel 15.000 Dollar pro Monat, das hat nichts damit zu tun, dass meine Mutter in diesem Tagen verstirbt, und hat auch nichts damit zu tun, dass eines meiner Kinder verblödet, und hat auch nichts damit zu tun, dass meine Frau lieb ist zu mir

 Ich verdiene 15.000 Dollar pro Monat, das hat damit zu tun, dass ich nach 30 jahren Arbeit einen gewissen Komfort, eine gewisse Freude erreicht habe.

 9

 Heute bin ich weniger egoistisch aufgestanden als an anderen Tagen, ich bin mit dem Geist zur Zusammenarbeit aufgestanden. Ich werde für die Gruppe 0 bis zu sechs Stunden pro Woche arbeiten.

 10

 Wenn ich ihm alles sagen muss, was er zu tun hat, dann sitzt mir ein echter Idiot gegenüber. Wenn der Idiot dazu noch ein Psychoanalytikerkandidat der Schule ist, denke ich, das wird mich wohl in 100, 150 jahren umbringen können.

Offene Quelle, äusserster Wahnsinn. Ungeheure Stürme wollten mir alles entreissen,  und wenn die Poesie bei mir blieb, so weil ich sie liebte.

 11

 10. September 1991: Ich bin seit mehr als 22 Jahren Mediziner-Psychoanalytiker. Und hier in Spanien seit mehr als 15 Jahren, wenn ich 25 Jahre in Spanien bin (um 2001) möchte ich absolut reich sein. Wenn ich’s auch  nicht ganz mit einem meiner Kinder können sollte, mit einem meiner Patienten ich möchte gern absolut reich sein. Absolut reich soll heissen, Arbeit haben und die Sicherheit  sie noch 100 Jahre länger korrekt ausführen zu können.

 12

 Wenn ich da bequem sitzen bleibe, wo ich bin, werde ich der Welt etwas grosses antun.

Und ich werde fast 61 sein, der Rest bis 122 alles für die Poesie.

Nach mir wird kein Dichter aus Armut sterben.

 Ich muss nicht auf meine Schmerzen vertrauen, ich muss nicht auf meine Familie vertrauen, ich muss nicht vertrauen, obwohl ich zugebe, dass Vertrauen das grundlegende Gefühl des wirtschaftlichen Wachstums in den bürgerlichen Gesellschaften ist.

 13

 Bei der Lektüre von Freud: Man verlangt vom Patienten, er soll all seine Aufmerksamkeit auf den Hauptgedanken lenken aber nicht so, wie er es schon so oft getan habe, um nachzudenken, sondern um klar zu beobachten, und dem Arzt ausnahmslos  alles mitzuteilen, was ihm dazu einfalle.

 14

 Der Rat heute für die Leute, sie sollen ihre Hunde besser abrichten, anstelle sich ständig über das Abrichten fremder Hunde zu beklagen. Ich meinerseits, als Direktor der Schule werde versuchen, mit allem aufzuhören, was die Liebe an unangebrachtem eingerichtet  hat.

Eine neue Welt zu schaffen, heisst, das Wesen zu verändern, um von nicht gelebten Welten leben zu können.

15

16. September 1991: Alles, was ich mit meinen Händen berühre, erzittert. Damit alles ein Erfolg wird, muss ich auf meinem Wachturm ausharren, in meiner Einsamkeit. Es muss einem Mann wie mir, der immer Einzelgänger war, leicht fallen. Er ist aber Einzelgänger, weil er es überall rumerzählt und auf meinem Wachturm, in meiner Einsamkeit, spricht man nicht davon.

16

Achtgeben auf das, was ich habe, auchtgeben auf das, was ich habe, und dann frage ich mich, und was habe ich eigentliche. Laster, Fehler zum Anfassen, 51 Jahre auf der faulen Haut gelegen, ein paar Gedichte und bis hier die Erfüllung aller meiner Pflichten.

Ich habe, habe, habe, ich bin bereits verwest. Ich muss annehmen können, was ich annehmen soll. Dichter, Vater, Direktor einer Schule für Psychoanalyse. Mann mit 51, heterosexuell, genau das muss ich annehmen, was ich bereits bin, weil ich fast alles verwirklicht habe.

Und wie, frage ich mich, sollen diese Wesen sein. Ein beispielhafter Dichter, beispielhafter Vater.

Dichter: derjenige, dem seine äusserste Sensibilität nichts an Wirksamkeit nimmt.

Vater: ein von Anfang an zum Tode Verurteilter.

Ein Mann von 51 ist  Trieb,  ganz Trieb, denn er sollte keine Illusionen haben.

Und Psychoanalytiker ist jemand, der diese Unterschiede anhören und aufzeigen kann, nur das, sie aufzeigen, und sie weder verändern noch gleich machen will.

Sensibel und tödlich, hängt seine Wirksamkeit vollkommen von seinem Wunsch ab, das zu sein.

17

Das volle Wort kreuzt immer auf,  danach ist keines beider Subjekte mehr dasselbe.

Es muss  etwas anderes als die Unterweisung geben, dem man die Wirkung der Psychoanalyse zuweisen kann.

Die Übertragung, so stelle ich mir vor, muss sich auf der Vorstellungsebene aufrecht erhlaten Bei der Übertragungsliebe  gibt es sicher eine Macht, die sich nur um den Preis, nicht davon Gebrauch zu machen, aufrecht erhält

Es geht nicht um die Liebe im Sinne von Eros, sondern um leidenschaftliche Liebe, nur einer psychologischen Katastrophe vergleichbar. Das geliebte Objekt als Ideal des Ichs des Subjekts..

18

Die Trostlosigkeit meiner Sele macht mich niedergeschlagen. Es gelingt mir nie etwas ganz so, wie ich es gerne hätte. Irgenjemand in mir lenkt meine Schritte falsch. Schon seit dem frühen Morgen läuft alles in eine falsche Richtung. Auf den vorgezeichneten Weg zurückzukehren, geht schon über meine  Kräfte.

Ich weiss nicht, weiss nicht, ob ich nicht nur ein toller Typ war. Jemand, der seine  noch nicht vollständig ausgewertet hat, jemand, der seine Siege sicher nicht erkennen wird.

Wenn ich sage, es besteht die Hoffnung für mich, so nicht, dass ich noch Hoffnug hätte, sondern ich habe noch etwas Blut in den Adern, das ist alle meine Leidenschaft, dies wenige Blut, all meine Hoffnung.

19

Immer nimmt mir irgendeine Frau, schrie der Verurteilte, etwas an Sein, etwas an Potenz. Es geschieht in mir nichts wichtiges, ohne dass mich eine von ihnen nicht verrät, oder mich umbringt, oder mich verflucht oder mich zu sehr liebt. Manchmal habe ich schon gedacht, dass ich ohne Frauen in meiner Nähe unschlagbar wäre, oder wenigstens, einige der gegenwärtigen Gebieter müssten mir an den Eiern lutschen.

20

Jetzt, nachdem ich fühle, dass ich alt werde, merke ich, dass die Einsamkeit, die ich fürchtete, beim Altwerden nicht mehr möglich ist. Im Gegenteil, ich würde sagen, dass ich mich nach dieser Einsamkeit, die ich vorher fürchtete, sehne. Jetzt weiss ich, für einen gebildeten Menschen gibt es keine Einsamkeit,  oder wenn es sie gibt, ist sie Laster oder Grösse, niemals Leiden, niemals Warten auf nichts.

21

Das einzig Endgültige ist der Körper, soll heissen, der Trieb kommt vor dem Ich, vor der narzisitschen Libido.

In der Liebesbeziehung fallen Objekt und Ideal des Ichs zusammen. Der Mensch sieht seine Form  nur im Spiegelbild seiner Selbst vollkommen verwirklicht, ausserhalb seines Selbsts.

In der Liebe liebt man das eigene Ich, das eigene Ich auf der Vorstellungsebene. verwirklicht,  wenn eine Liebe stirbt, wird sie ersetzt, und zwar sofort, diuch tausend Bilder von mir.

Das Ideal des Ichs hat sich in das ideale Ich übertragen.

MENASSA IN BUENOS AIRES

 

VERLAG GRUPPE 0
stellt vor
LA POESIA Y YO

  von Miguel Oscar Menassa

FREITAG, 17. November 2000
21.00 Uhr

EINRITT FREI
MAIPU 459 – 1er PISO
BUENOS AIRES

“Dieser Roman ist ein Denkmal an den Wunsch und nicht an seine Befriedigung, und der Wunsch passt weder in Formen noch in Normen.”

                                       Leopoldo de Luis

“Menassa macht aus der Erotik eine wahrhaftige Enzyklopädie der sexuellen Beziehungen”.

Juan-Jacobo Bajarlía


Indio Gris