INDIO GRIS
EINPERSONEN-ZEITSCHRIFT ZUR
ANSAMMLUNG VON MÜLL
NR.
23 JAHR 2000 DONNERSTAG 2. NOVEMBER
ES
FUSIONIERT, LEITET, SCHREIBT
UND VERANTWORTET: MENASSA 2000
WIR KÖNNEN ZWAR NICHT
SPRECHEN,
DAFÜR TUN WIR'S IN MEHREREN SPRACHEN
SPANISCH, FRANZÖSISCH, ENGLISCH, DEUTSCH,
ARABISCH, PORTUGIESISCH, ITALIENISCH, KATALANISCH
INDIO GRIS
IST
PRODUKT
EINER FUSION
DER GLANZ DES GRAUS
UND
DER INDIANER AUS DER JARAMA
DIE ZUKUNFTSTRÄCHTIGSTE FUSION
DES 21. JAHRHUNDERTS
INDIO GRIS NR. 23
1
Ich
habe den Horizont knarren sehen und nichts war versteckt. Ein unfruchtbarer
Bauer, ich werde nicht fliegen, keinen Wetterumschlag erleben.
Ich muss Schluss machen, auch mit meinen
eigenen Illusionen.
Ich werde kein rasender Radfahrer mehr
werden.
Ich werde nicht mehr der beste Mittelstürmer der Welt werden.
Ich werde nicht mehr Landmann sein, noch Statuengiesser, noch Stein, noch Wurm.
Aber ich kann mich den Geschichtsregistern öffnen.
Ein Stück Land als eigenes registrieren
lassen. Etwas des Denkens, das dann meinen Namen trägt.
Etwas bestialisches für das Ich, das -
unabänderlich - sterben wird.
In Erwartung der grossen Augenblicke schreibe ich langsam das, was war. Auch
ich, heute kann ich das sagen, wurde von der ärztlichen Verordnung verschluckt.
Fast bringen sie mich, noch bevor ich 50 werde, um. gestärkt durch die Rückkehr
kehre ich zurück.
2
Indem ich mich von allen Dingen loslöste,
auch von der Uhr, könnte ich Nichtverstandenes meiner Verse finden.
Nach dem Sinn suchend, kann man das Leben nicht haben, man kann nur leben.
3
Die Neurotiker sollten in ihren Lockrufen
nicht gehört werden.
Heute ist für mich ein leeres Blatt der beste Gesprächspartner.
Die Interpretation findet immer rechtzeitig statt und nie ist es notwendig,
etwas zu erklären.
Ich werde das Leben der Menschen achten,
was immer auch dieses Leben sei, ich werde aber niemals wieder über mein Leben
mit einem Erdbewohner sprechen.
Ich fasse hier den Beschluss, sie sollen glauben, ich sie einer der ihren, sie
sollen glauben ich sei wie sie.
Alles zu ändern, damit alles so bleibt wie
es ist, wenn man sich dabei gut fühlt, ist gar kein schlechter Gedanke.
Das heisst in meinem Fall, ich brauche zur
Zeit mit nchts auzuhören.
Ich muss, das schon, alles anders handhaben. Die Angelegenheit mit Buenos Aires,
Madrid, Arganda del Rey, Paris, ist genauso zu behandeln wie das Thema 1;2;3;4
Frauen, oder die es mit dem Verb aufnahmen.
4
Rauchen oder nicht rauchen, spielen oder
nicht spielen, ficken oder nicht ficken, alles relativ. Der Wunsch darf nicht
vernichtet, soll behutsam verabreicht werden.
Ich muss zugeben, ich kam nun mal
heterosexuell auf die Welt, viril, in einer seltsamen Zeit, in der niemand und
nichts wusste, wie das eigentlich ist. Ich musste Entschlüsse fassen, die noch
nie gefasst worden waren. Zu Anfang dachte ich, es würde nicht anhalten, aber
es ist nicht mehr der Anfang und mich hat noch niemand entdeckt.
5
Und jetzt ist es auch nicht gerade einfach
zu erleben, was schon bekannt ist, aber das Leben ist so. Wenn ich mit 50
unbekanntes Leben will, so ist das der Weg des Denkens, der Poesie. Liebe, Hass,
Wunsch, Krieg, Frieden, das kenne ich bereits alles, ich kann es aus dem Gedächtnis
erleben, es würde mir nicht schwer fallen, damit weiter zumachen.
Abe ich streben nur nach dem Neuen.
Dem Krieg stelle ich den lehrbuchmässigen Krampf eines schrecklichen
Traumes entgegen, der, sobald er interpretiert war, von Liebe erzählte.
Dem Frieden diesen schamlosen Vers. Ich bin eine andere Zivilisation, der
Dichter-Indio, obwohl ich mich noch nicht gefunden habe, repräsentiere ich ich
neue Art, das Leben zu denken.
6
Lustprinzip, Wirklichkeitsprinzip: Es wird
nicht länger das Angenehme sondern das Reale repräsentiert, auch wenn es
unangenehm ist.
Die Verdrängung wird in Einsichtvermögen transformiert. Richtig oder falsch je
nach den imaginären Verbindungen zur Wirklichkeit, und es entsteht das
Transformierende.
7
Wieviele Illusionen von der Liebe ver-rückt.
Jetzt werde ich versuchen, alles von neuem zu beginnen. Ich hoffe Worte des
Sprechens sprechen zu können.
Ich muss die Arbeitspläne voranbringen,
ohne dass es mir zur Zeit darauf ankommt, was ich mit dem Ergebnis meiner Arbeit
machen werde. Zur Zeit muss ich mich darum kümmern, dass meine Arbeit
Ergebnisse hervorbringt.
Wenn es wahr ist, dass ich nicht mehr das
Äussere will, muss ich das Innere festigen. Das heisst ich muss Äusseres für
andere hervorbringen.
8
Sie dachte, wenn es weniger davon gäbe, wäre
es teurer und besser. Das war ihr grösster Fehler.
Kommt Liebe und liebt die Starrheit meiner
Haut, ich bin dein, sagte sie, töte mich.
9
23. Februar 1985: Mit ihr, kann man zur
Zeiot nicht rechnen, ich muss das wissen, weder mit ihr noch mit der anderen,
noch .....
Gestern versuchte ich die ganze Nacht über
zu lernen, und der Schlaf und die Übermüdung warfen mich vor 3 Uhr morgens ins
Bett, ich schlief durch bis um acht Uhr morgens, und beim Aufstehen schrieb ich
ein unvergessliches Gedicht.
Sie liebt nur ihr eigenes Geschlecht. Und
wenn sie aus der Hysterie fällt, gelingt es ihr auch nicht, Frau zu sein, sie
ist wahnsinnig und bringt alles zum
Verstummen.
Seitdem du weggingst, schrie der
Verurteilte, ist alle meine Zeit frei, erhaben und hochmütig. Niemand kann mehr
meinen Liebeswahnsinn aufhalten. Ich werde der Liebhaber der Welt sein, das
werde ich sein. Jetzt, wo du niemand bist, wird
es meinen Reizen in voller Freiheit widerstehen können. Alle meine
Stunden sind frei, sind fremd. Kurz davor irgendjemandem zu gehören ( du sollst
das wissen), gehöre ich niemandem.
Und die Worte und ich, merkst du welche
Grandezza!
Zu deinen Texten, möchte ich dir sagen,
daraus wird nichts weiter. Sie sind voller Gefühl und, wie du eigentlich wissen
solltest, sind Gefühle immer Vergangenheit: Jenes unvergessliche Vaterunser in
den Armen deiner Mutter, während du an ihren Brüsten lutschst.
10
Gestern beschimpfte mich ein Mensch auf der
Strasse vor anderen Menschen, und weil die anderen Menschen nichts dazu sagten,
fasste ich es so auf, dass sie nicht mich meinten und mein Leben änderte sich
schlagartig. Am Tag danach schreibe ich diese Zeilen, wo ich mich, während ich
schreibe, langsam in einen Schriftsteller verwandle, der die ganze Zeit über
schreibt und das, so stelle ich mir vor, wird mir Probleme bringen, wenn ich
nicht die Angelegenheit scharf trennen kann: Arzt in Madrid, Dichter in der
Welt. Und so werde ich in 50 Jahren oder später aufhören zu arbeiten, und ich
werde mit einem geschaffenen Werk dastehen, und niemand wird sagen können, ich
wäre mit Gleichgültigkeit durch die Welt gegangen.
Wenn ich erst einmal 100 bin, werden andere
Sonnen auf mein Heulen warten. Mit hundert werde ich nicht sterben, sondern eher
zur Eroberung neuer Universen aufbrechen, und noch irgend ein anderer wird mit
mir aufbrechen wollen.
Zur Zeit muss ich weiterschreiben, ohne
damit zu protzen, geschrieben zu haben.
Das Glück im Spiel verweigert sich mir unter diesen Umständen. Es ist als ob ich das,
was ich in den nächsten Jahrzehtnen zu erledigen habe, ich es mit meiner Arbeit
tun muss. Auf jeden Fall hatte ich gute Einfälle
zu mir. Sollte es notwendig sein, noch ein paar Jahrzehnte weiterzuarbeiten,
dann ist auch richtig, dass es notwendig ist, noch ein paar Jahrzehnte länger
zu leben, und das ist für mich eine gute Nachricht.
11
Das erste Reale, sagt Lacan, ist
also kein Jenseits der Benennung. Was wir jetzt nicht können, benennen:
das erste Reale ist mit dem Akt des Benennens selbst verbunden. Das erste Reale
ist mit der Postion des Objekts verbunden mit Bezug auf den, der benennt.
Ein exzentrischer Ort des Subjekts und
seines Gespenstes in bezug auf den Signifikanten.
Einerseits existiert das Wissen und seine
Unendlichkeit und andererseits die Wahrheit des Subjekts, das ES.
Wenn das Subjekt Teil dieses Wissens ist,
existiert es nicht mehr länger als Subjekt. Das Subjekt ist das, was nicht mehr
zu diesem Wissen gehört.
Wir haben festgestellt, die Logik des
Wissens von der die unendliche Entwicklung einerseits das Subjekt und
andererseits die Grammatikalität ausschliesst, führt per definitonem das
Subjekt in den Preis der Verwirklichung des Unbewussten ein.
Der Genuss bleibt auf der Seite des
“idealen Ichs” und der Wunsch auf der Seite des “Ideals des Ichs”.
12
Wir könnten
von einer inter-subjektiven Zeit sprechen, wo nur das Zaudern im anderen dazu führt,
dass Gewissheit erreicht wird.
13
Der Neurotiker entfernt sich von der
Wirklichkeit oder eines ihrer Fragmente,
weil sie für ihn unerträglich wird.
Das Wesen wird nicht länger Wesen sein können.
Ich denke, ich bin nicht mehr. Genau das ist unerträglich, auch für den
Neurotiker.
14
Nicht, dass vor dem Kind die Fläche eines
Spiegels ist, in den das Kind blickt. Wir müssen das Spiegelphämomen innerhalb
der Problematik des Blicks verstehen und nicht vom Spiegelphänomen aus den
Blick.
Das ursächliche Phänomen ist nicht im
Spiegel sondern im ANDEREN.
Wir dürfen nicht, angeblickt zu werden mit
entleert zu werden verwechseln. Das Angeblickt-Werden versteinert, fixiert das
Subjekt. Im Mythos der Meduse versteinert die Meduse. Bei Orpheus wird
verurteilt, weil geblickt wurde. Orpheus dreht sich um, um
entgegen der Anweisung,
Euridike anzublicken, und sie wird erneut verurteilt. Sarah auf ihrer Flucht aus
Sodom und Gommorrha wird vor der Zerstörung der Städte gerettet unter der
Bedingung sich nicht umzudrehen; weil sie dieses Verbot des Zurückblickens überschreitet,
wird sie zur Salzsäule, als sie sich umdreht. Kain blickt der Blick Gottes an.
Ausserdem können wir sagen, das sei das Thema Kierkegaards, der Blick des
anderen nicht der des Spiegels. Sogar Narziss lebt in der Illusion, ihn blicke
ein anderer an.
Bei der Spiegelerfahrung ist nicht das
Wesentliche, dass der Siegel das eigene Bild widergibt, sondern die Illusion,
dass ein anderer mich anblickt.
Der Blick im Sinne Sartres entdeckt das
Wesen. Das In-sich-Sein, entdeckt mich als bereits gewesen., undurchdringlich,
felsenfest, unbezwingbar.
Dieses absolute “Ist” ist der Tod. Aber
es lässt mich am Rande des anderen Seins, des Seins der Freiheit, des Für-sich-Seins,
das Sein, das die Existenz bildet. Für Sartre ist das zum Teil die Verneinung.
Nein zur Vergangenheit, nein zu jeder Determiniertheit, wenn die
Determiniertheit als aus der
Vergangenheit kommend verstanden wird. So wie ich fixiert bin, ist es die
Existenz unter dem Blick, der versteinert. Die Möglichkeit der Bewegung, der
Freiheit besteht darin, zur Verneinung Zugang zu finden, oder bei der Bejahung
des Ist zu bleiben, des In-Sich, das wie der Tod ist.
15
Irgendwie muss ich weiter machen können. Trotz der Todesfälle und des Schmerzes möchte ich weiterleben, möchte ich weiter schaffen.
Ich möchte mich nicht für jemanden
opfern. Vielleicht ist diesmal mit den Bildern alles anders.
Meine Bilder verkaufen, meine Verse
verkaufen, meine Seele verkaufen, um meinen Körper ein paar Jahrzehnte länger
zu bewahren.
16
Um Psychoanalytiker zu sein, muss ich damit
aufhören, mich mit Leuten im allgemeinen zu unterhalten, und um Direktor der Schule für
Psychoanalyse zu sein, muss ich damit aufhören, mich mit den Psychoanalytikerkandidaten zu unterhalten.
Scheisse! Ich hoffe, dass das Schweigen
mich nicht umbringt.
Es werden nicht Dinge analysiert, es
analysiert sich jeder selbst. Es wäre wunderbar, mich selbst zu besiegen. Wie
kann man auch nur denken, wir hätten alles gut gemacht, nachdem wir fast alles
schlecht gemacht haben.
Ich muss mir meine Arbeit so einrichten können,
dass niemand merkt, dass ich in Wirklichkeit überhaupt nicht arbeite, dass ich
mich die ganze Zeit über analysiere.
17
Die
Vereinigung Pablo-Menassa-de Lucía, Studium der Poesie und Psychoanalyse, gibt
das Urteil der Jury für den Preis für Poesie bekannt. DEN
ERSTEN PREIS TEILEN SICH: Der Preis wird am Freitag, den 3. November um 20.30 Uhr von der Vereinigung Pablo- Menassa-de Lucía im Verlag Editorial Grupo Cero verliehen, c/. Princesa 17- 3º izqu., Madrid. |
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Am
Montag, den 13. November, 19 Uhr Die entsprechende Urkunde wird von |
VERLAG
GRUPPE 0 DONNERSTAG 9 DE NOVIEMBRE DE 2000 A LAS 22,30 UHR EINTRITT
FREI
|
MENASSA IN BUENOS AIRES |
MENASSA
IN BUENOS AIRES |
SALAC
La Plata 10
November de 2000 |
VERLAG GRUPPE 0 FREITAG,
17.NOVEMBER
2000
EINTRITT FREI |
“Dieser
Roman ist ein Denkmal an den Wunsch und nicht an seine Befriedigung, und
der Wunsch passt weder in Formen noch in Normen.” Leopoldo de Luis |
“Menassa macht aus der Erotik eine wahrhaftige Enzyklopädie der sexuellen Beziehungen”. Juan-Jacobo Bajarlía |