INDIO GRIS

EINPERSONEN-ZEITSCHRIFT ZUR ANSAMMLUNG VON MÜLL
   NR. 15   JAHR 2000 DONNERSTAG 7. SEPTEMBER
                   
ES FUSIONIERT, LEITET, SCHREIBT UND VERANTWORTET: MENASSA 2000

WIR KÖNNEN ZWAR NICHT SPRECHEN, DAFÜR TUN WIR'S IN MEHREREN SPRACHEN
SPANISCH, FRANZÖSISCH, ENGLISCH, DEUTSCH,
ARABISCH, PORTUGIESISCH, ITALIENISCH, KATALANISCH


INDIO GRIS IST PRODUKT
EINER FUSION
DER GLANZ DES GRAUS
UND
DER INDIANER AUS DER JARAMA
DIE ZUKUNFTSTRÄCHTIGSTE FUSION DES 21. JAHRHUNDERTS

Indio Gris


INDIO GRIS NR. 15

1

10. Januar 1991: Der Krieg ist noch nicht ausgebrochen, es bestehen Möglichkeiten, dass er nicht ausbricht. Ich denke an den Anfang eines Gedichts:

Wollüstiger Same, hier pflanze ich mich ein und hier werden meine Wurzeln wachsen, die werden Triebe haben und wiederum neue Triebe haben ...

2

17. Januar 1991: Der Krieg ist ausgebrochen. Der Mensch ist brutal. Der Kapitalismus ist unmoralisch.

Der Krieg ist ausgebrochen, soll heissen, dass ich mich in fast allem geirrt habe. Der Mensch der Gegenwart hat eine einzige Macht, die des Stärkeren, die des Bestbewaffneten. Der Rest, der ganze Rest, bla, bla,bla.
Ich bin mit diesem Krieg nicht einverstanden, überhaupt nicht. Der Krieg existiert nicht, schrie der Verurteilte. Genau deswegen war da nach 18.000 Tonnen Bomben ein Schweigen, ein kleines , bedrückendes Schweigen. Fast alle waren tot.
Es wird ein schneller Krieg sein, seine schädliche Wirkung auf die Bevölkerung wird nur 30 Jahre dauern.

3

Ich muss gar keine Wirklichkeit zerstören, um mehr zu haben, denn mehr zu haben ist, genau gesagt, das zu pflegen, was man bereits hat.

Heute konnte ich nicht ganz verstehen, wenn sie sagen: bis zum letzten Mann. Und danach merkte ich, dass eine neue Ordnung für alle, auch eine neue Ordnung für mich bedeutet.

Hoffentlich schlafe ich gut; morgen villeicht, werden die Nachrichten besser.

4

22. Januar 1991: Krieg ist Krieg und früher oder später gewinnt der Mächtige. Und wenn es scheint, der Schwache habe gewonnen, aufgepasst Leute, hat eigentlich der Mächtige gewonnen.

5

Jede Generation hat ihren Krieg. Aber die Sache ist noch viel schlimmer, jede Generation gehört zu einer Nachkriegszeit, und die Leute haben viel Spass damit.

6

23. Januar 1991: Der Krieg ist grausam, er nimmt den Leuten die Freude am Sex.

Die Fangarme des Kriegs kerkern das Begehren der Gattung ein, geboren zu werden.
25. Januar 1991: Der Krieg hat meine bereits verbrauchten Energien aufgefressen. Ich lebe wie ich selbst, kritisierte ich in meinen ersten Büchern. Ich arbeite und wenn ich nicht arbeite, ruhe ich mich aus, um weiter zu arbeiten. Während ich in dieser berauschten Welt lebe, schreibe ich manchmal ein Gedicht.

Und wirklich, nicht sonderlich ermutigt, würde ich gerne fast hundert Jahre länger leben.

7

Wenn ich völlig westlich sein könnte, aber ich kann nicht.
Glühendes Archipel des Schmerzes und der Freude, irgendetwas schulde ich dem amerikanischen Indianer, irgendetwas schulde ich der Sonne.   

8

Heute würde ich gern ein Gedicht schreiben. Zerfetzt vom Krieg, ich werde es vielleicht versuchen.

Irgendein Lied für den Krieg wird schon in mir sein, ich muss es finden.

Mein Vater ist offenes Fleisch, der Sonne hingebreitet
mein Vater ist der Orient.

Meine Mutter ist die himmlische und bequeme
Maschine des Okzidents.

Ich wurde aus zwei Todesringenden geboren,
eine unmögliche Verbindung.

Ich wurde grausam, atomisch, wild geboren.

War von Anfang an
unberechenbarer Irrtum,
hatte keine Grenzen und explodierte,
auch gegen mein Leben.

In Stücken fliegend
bin ich der Universumsvergrösserer
der Grenzenaufheber des Seins
und im Flug, luftgleiches Licht,
Sterne der Begegnungen,
brach ich alle Liebe.

9

Am Rande des Wissens, und es ist schon mehrmals passiert, erfriert die Menschheit.

Danach beginnt alles von Neuem, aber die Menschen sind dann anders.

Ich bin etwas müde, aber jetzt werde ich allmählich immer mehr können, bis zum Tod. Das ist alles.
Solange man das nicht akzeptiert, wächst man hablwegs oder man wächst nicht.

10

Lass dich nicht von den geistigen Strahlen leiten, die in Kriegen enstehen. 
Stille nur deinen Durst und investiere dann in weite Fernen.

Alles entgleiten lassen, davon loskommen, dass wir noch nicht angefangen haben zu leben, und es gab noch keinen Krieg.

Ich bin fast atemlos. Bauen, bei Null anfangen nach jeder Vernichtung, hat schon was für sich. Wenn ich weitermache, so, weil ich meinen Enkeln erzählen will, wie ich mich vor dem Horror gerettet habe.

11

Brutal, Liebes, brutal, mein Leben als Schriftsteller ist brutal. Der Mensch möchte ganz verzweifelt irgenwohin gelangen, und wenn er glaubt, er sei angelangt, findet er da eine beschriebene Seite.

Der Schreibtisch, den ich gekauft habe, erscheint mir sehr gross. Alles erscheint sehr gross, wo ich so winzig bin. Sobald ich wachse, wird alles normal erscheinen und mit der Zeit winzig.

12

Niemand kann der Basis zu essen geben. Brutal, fuhr mein Freund aus einer anderen Schule fort, mir werfen sie vor, ich hätte nicht gekonnt und beklagen sich darüber, dass es die anderen auch nicht gekonnt hätten, niemand kann, nur Sie konnten und ich antwortete :

-Vielleicht möchte ich es nicht völlig wissen. Etwas Unendliches meiner Stimme, das ich nicht vollkommen akzeptiere, aber die Idee ist folgende: Ich muss damit aufhören, dass das Geld all das macht, was das Geld machen kann, den Rest mache ich ja schon. Jeder einzelne von uns wählt den Triumph oder die Niederalge. Ohne länger darüber nachzudenken, sagte ich schliesslich meinem Freund, damit er etwas verstehen konnte, zuerst werde ich reich und danach werde ich meine besten Seiten schreiben.

13

Ich freue mich über alle Massen über meinen Weg, den ich gehe. Meinem Geschmack nach, eine Situation voller Komfort. Wenn ich diesmal nicht kann, weil ich nicht dran war. (im Jahr 1991)

Ich habe eine Schule und gebe der Basis zu essen, meine Zukunft ist abgesichert, ich muss es nur noch schreiben.
Jetzt muss ich ruhiger werden und auf die ersten Taten warten. Sobald der Gedanke gedacht ist, sollte man nicht auf ihn zurückkommen, bis es nicht zu Taten kommt.

14

Etwas Liebe, etwas Geld, etwas Gesundheit, jetzt kann ich dir nachgehen, glühende Verliebte des Lichts, perfekter Schatten auf der Suche nach seinem Gegenteil.

Mir scheint ich mache alles richtig (noch 1991), ich muss auf dieser Linie weitermachen ohne eine andere Freude als die, auf der vorgezeichneten Strecke weiterzumachen, das, ja. Ich lebe in so etwas wie in einer Illusion, wo mir alles gelingt. Ich fühle nicht mehr den Wunsch zu spielen in mir, jetzt spiele ich, dass ich mehr als genug Geld von meiner Arbeit habe und auch, das zu kaufen, was man nur mit Geld kauft. In meinen Versen wird Entschlossenheit, revolutionäre Besonnenheit sein.

15

Genug mit dem Schwanken, genug damit, und so beginnt das Neue, genug mit den Zweifeln, damit das Neue kraftvoll geboren wird, schön.

Was in einem Tag sein wird, wird in einigen Monaten sein, was in einem Jahr sein wird, wird in zehn sein, der Rest zu meinen Gunsten, besser gesagt, diesmal ist die Poesie die Glückliche.

Entfliehende Stürme unvollständiger Stimmen.
Ich sage vom Sein nichts, was nicht zurückkäme
Ich bin der Zauberkönig meiner eigenen Geburt.

16

Wir durchbohrten durch die Dinge des Lebens, sagte der Verurteilte, um die immerwährende Furche einer Intelligenz zu sein. Ich bin besorgt um die Leute, die mit mir zusammen studieren, sie fragen sich in jedem Augenblick, ob wir nicht doch auf dem flaschen Weg sind. In ein paar Jahren, wenn alle und alles gross ist nur nicht sie, werden sie eingestehen, dass sie nicht glaubten, dass wirklich das geschieht, was auch tatsächlich geschieht.

17

Lied einer promotion

Wir werden sie rausbringen
die girlys und die boys
jeder wird sienen Platz
im System haben.

Und mit soviel promotion
werden wir fast abgesegnet
das girly mit seinem boy
ein Tierchen machen sie.

Man soll sie aufstellen
sagte der Regisseur
inmitten der Leere
eine Art Messlatte.

Mann, wie traurig es war
dieses girly anderentags
als der Regisseur zu ihr sagte:
himmlisch sei ihr Kórper nicht.

Nicht einmal im Loch,
nicht einmal in der Anschwellung

Das Himmlische kommt noch
Und ich promote dich deswegen.

Ich bin dabei zu promoten
und zwar eine promotion
für jeden, der
den Klang voranbringt

Und wenn er´s nicht versteht
sag ich´s ihm ganz deutlich:
er ist bereits ein Mann
und sie eine Frau

18

Ich muss das machen können, was in jedem Augenblickj angesagt ist, ohne auf die ideologischen Organisationen des Staates zu achten, wenn sich der Staat auch einen demokratischen Anschein gibt.

Schon 1991 konnte ich schreiben: Ich möchte nicht die ganze Zeit in Arganda leben.

Ein bisschen brutal das Heftchen von 1991, wir haben es aber wenigstens beeendet. Die Buchstaben wurden alle hier übernommen und die Zahlen habe ich vernichtet und verbrannt, weil ihr Anblick mich in eine gewisse Verzweiflung stürzte wegen des Vergangenen.

19

10. September 1990: Anfall von Geilheit, ich fühle mich glücklich bei dem Gefühl, dass die Welt der Gedanken meine Art und Weise, mit Gedanken umzugehen, benötigt. Unterdessen fühlt sie, dass sie nur eine Sache gleichzeitig tun kann. Ich, ganz auf der Gefühlsebene, fühle,dass sie so nicht kann, dann sage ich ihr mit Zärtlichkeit über mich:

Ich bin dieses Kind, das dem Universum seiner Sünden gegenüber offen ist.

20

Ich suche dich und ich finde dich im Sternengeröhr,
Zeit, wo die Sterne in deinen Augen zerspringen
vage Hoffnung: dahinsiechender Herzschlag zu sein,
des traurigen 20. Jahrhunderts, das der Erleuchtung, aber der toten.

Wenn sie mich noch nicht bombardierten, tun sie´s schon noch
Es ist eine Votivlampe, die mein Lied darstellt
Obwohl das Jahrhundert verlischt, wird ein Vers glänzen,
Obwohl der Krieg ausbricht, wird das Licht nicht töten.

21

Wenn sie mich jedes Verdachts befreit haben, sagte der Verurteilte, so, weil ich keine Würde mehr habe und mal sehen, wer mir das anders sagt, schrie der Verurteilte.

22

Ich muss die finsteren Fäden zerschneiden, die mich fesseln, weil ich menschlich gewesen bin, zur Brutalität und zum Tod, und ich nicht verurteilt hatte, dass ich es sagen wollte.

Lasst uns hinter jeder Hoffnung suchen und dort, kann es sein, dass wir etwas Menschlichkeit, Zivilisation finden.

23

Schulleiter bin ich bereits, weil es eine Schule gibt, jetzt fehlt nur noch wofür.
Wenn ich meine Nase nicht in das Leben anderer Leute stecke, ist es eine Schule für Psychoanalyse.

24

Und wenn sie mich diesmal fragen, erkläre ich alles, einfach alles.
Dieses nicht offen für die vielfältigen Sinne des Herzens.
Alles, ich erkläre alles:
                                         Dieses eiskalte Pfeifen des Schweigens, diese stummen Wörter.
Ich entferne mich, es gelingt mir jedoch nicht, mich ganz zu entfernen.
Ich räume meine Haut und mein Geschriebens auf
der vibirerende Atem deiner Nutten
die homosexuelle Wut deiner Anwälte
Und so, mein nichtiges Ende, schenke ich dir ein adios:

Wenn sie mich mit Verachtung grüsst, verachte ich sie und sage: Rache ausgeschlossen. Ebenso die Liebe, und das wird die Scheidegrenze zum ganzen Rest sein.

25

Das Gute und das Böse sind gleichzeitig überall, schrie der Verurteilte, und da ihn niemand hörte, gründete er eine Zeitschrift für Poesie für psychisch Erstarkte.

26

17.September 1990: Auch die Tageszeitung kann ein guter Ratgeber sein. Die Tagesmeldung ist folgende:
Man muss den Geiern zu fressen geben, nicht damit sie Freunde werden, sondern damit sie nicht angreifen.

Ich habe keine Eile, ich laufe auf Touren, weil ich runterlaufe.
Gewinnen und verlieren, leichte Anspielungen auf das Wesen eines Spielers.

27

LA PATRIA DEL POETA IST AUCH EIN BUCH

ES EREIGNETE SICH NIE

ES GESCHIEHT NICHT

ES IST NUR ZU LESEN

 

Auf einer seiner Seiten kann man lesen:

MIT FÜNFZIG JAHREN

Nichts des Herzens, das ich nicht mehr habe,
noch des Kopfes, der schon ging.
Nichts grosser Kriege, die nicht enden
Und nichts der Liebe, Liebste, heute ist leben dran.

Heute ist das Lied dran ohne stattliche Sänger,
der Tanz ohne Partner, die Musik ohne Hintergrund.
Heute ist dran, an deinen verborgenen Nerv dranzukommen
dieser unmögliche Knoten der nicht zu machen ist.

Nicht das Gewebe des Morgendämmerns - bereits bekannt
noch der schlichte Fels, der aus Liebe zerbricht.
Es kommt nicht Tod noch Pest noch Hunger.

Noch die extreme Geilheit des düsteren Schweigens
Heute kommt, Liebste, im Gedicht ein Hauch
ein Hauch, schaudernd, schmerzlosen Lebens.


Indio Gris