INTERNET-WOCHENZEITSCHRIFT ES FUSIONIERT, LEITET, SCHREIBT UND VERANTWORTET: MENASSA 2002 WIR
KÖNNEN ZWAR NICHT SPRECHEN, DAFÜR TUN WIR'S IN MEHREREN SPRACHEN
INDIO GRIS NR. 127 JAHR III LEITARTIKEL GESPRÄCH MIT DEM
DICHTER MIGUEL OSCAR MENASSA Carmen Salamanca: Hallo Menassa! Miguel Oscar Menassa: Wie geht´s denn so, Carmen Salamanca? CS:
Ich habe an diesen Satz von Lacan gedacht, den wir alle kennen, nämlich, dass
die sexuelle Beziehung nicht existiert. Aber
was soll das eigentlich heißen? MOM: Gut, wenn Lacan gesagt hätte, was Sie gerade gesagt haben, “die sexuelle Beziehung exisitert nicht”, hätten Sie Recht, noch bevor die Diskussion beginnt. Aber, wie war das noch mal? CS:
Was bedeutet das für das tägliche Leben, wie erlebt man das eigentlich? MOM:
Um es nicht theoretisch zu erklären, schauen Sie mal, sexuelle Beziehungen
beispielsweise existieren nicht, denn wenn Sie mit sexuellen Beziehungen etwas
erreichen möchten, was nicht gerade sexuelle Beziehungen sind, dann bringt das
nichts, dann existiert das nicht. Denn wenn es exisitieren würde, manchmal
glauben die Leute das, weil sie es erzählen können, nein, das existiert nicht,
weil man es nicht benutzen kann. CS:
Sagen wir mal, es ist, als ob es keinen Tauschwert hätte. MOM:
Naja, die Frage, so wie Sie sie stellen, ist als müsse man denken, sexuelle
Beziehungen würden auf Gegenseitigkeit beruhen, zum Beispiel. Wenn Sie sich das
selbst einmal überlegen, fällt Ihnen das gleich auf, oder nicht? Oder beruhen
Beziehungen auf Gegenseitigkeit? CS:
Nein, ich glaube da ist so eine
Phantasievorstellung, man müsse zusammen den Orgasmus erreichen. MOM:
Auch, dass sexuelle Beziehungen nicht existieren, das zu vertreten kostet eine
ebenso große
Anstrengung, wie wenn Freud sagt, “ Der Wunsch hat kein Objekt”. Er
hat kein Objekt, das bedeutet auch, irgendein Objekt kann die Ursache des
Wunsches sein. CS :
Natürlich, das bedeutet, dass der Wunsch im Menschen lebt, nicht im Objekt,
denn es gibt so eine Tendenz zu denken, die Objekte an sich hätten eine bösartige
oder gutartige Anziehungskraft. MOM :
Ja, das ist, als würde man denken, die Berge seien schön und sie seien schön
für alle Menschen, wo doch der Berg schön ist, weil der Mnesch ihn betrachtet
und sagt “wie schön ist der Berg”. Ist
das zu verstehen, was ich vom Berg gesagt habe? CS:
Ja, Objekte an sich hätten keine Eigenschaften. MOM:
Nein, sie haben keine Eigenschaften. Ich bin in
Sie verliebt und sage, wie schön! Und dann gewinnen Sie einen Preis beim
Wettbewerb Miss Hässlichkeit. AD:
Es liegt im Betrachten, nicht in dem, was sieht. MOM:
Was Sie da sagen, ist schwierig zu verstehen. Es ist, als wolle man man Künstlern
erklären, die Verarbeitung der künstlerischen Wirklichkeit finde unbewusst
statt, und sie selbst hätten nichts mit dem zu tun, was nicht Studium, Praxis
usw. sei. Dann geh mal hin und sag dem Dichter, nicht er schreibe die Verse,
obwohl er sie schreibt. CS:
Ich denke an eine Nachricht in der Zeitung von neulich, Selbstmord sei die
Hauptursache eines gewaltsamen Todes. MOM:
Mich hat das bestürzt gemacht, es sterben mehr Selbstmörder als aufgrund eines
gewaltsamen Todes, und im Krieg, im Krieg da würden die Menschen an dritter
Stelle sterben. Stark, was? CS:
Es mag Sie zur Verzweiflung bringen, denn gerade jetzt habe ich an den
Selbstmord gedacht, wo wir gerade von dieser Nichtgegenseitigkeit in der
Beziehung sprechen. MOM:
Auch der Selbstmord exisitiert nicht, der Selbstmörder ist ein schüchterner Mörder,
niemand tötet sich selbst, ich kann mich nur selbst
töten, wenn ich glaube, ich töte denjenigen, der mich in diese
Verzweiflung gestürzt hat. Nur, indem ich denjenigen angreife, der mich
verlassen hat, und glaube, der andere sei in mir. CS:
In einer Wohlstandsgesellschafct ….. wie ist das nur möglich? MOM:
Der Wohlstand ist für den Verstand möglich, weil er wirtschaftlicher und nicht
seelischer Natur ist. CS:
Sie sagen, die Lamas würden so lange leben, weil sie jeden Tag rausgehen müssten,
um Brennholz zu holen. MOM:
Ah! Die aus dem Kaukasus. CS:
Mir scheint, wir leben in einer fürchterlich wahnsinnig gewordenen
Gesellschaft, ich würde aber gerne dieses Adjektiv füllen. MOM: Schauen Sie, die Fachfrauen haben hier
beipielsweise eine Irrsinnsmaschine, aber dann kommt dazu, wie man damit umgeht.
Sie lassen uns nicht in einer Gesellschaft leben, wo das technische Objekt uns
ständig übertrifft, und nun ja, sie geben uns aber kein seelisches
Instrumentarium für diese Art der Gewalt. Wir
werden erzogen, damit wir uns dem technischen Objekt gegenüber betragen lernen.
Ich meine damit Leute, die auf die Universität gehen, Leute, die aufs Gymnasium
gehen, nicht Leute, die unmitteelbar keine Bildung besitzen, da weiß ich nicht, wie die
damit hinkommen. Ich meine diejenigen, die eine Bildung besitzen, aber sie
bringen uns dazu, mit einem technischen Objekt umzugehen, sie bilden uns nicht
dazu aus, um uns mit der Problematik auseinandersetzen, die jedesmal aufkommt,
wenn wir mit einem technischen Objekt auf diese Weise umgehen. CS: Ja, das Außerachtgelassa ist immer das seelische
Subjekt. MOM:
Das Nichterkannte. Miguel
Oscar Menassa rezitiert WACH,
LIEBSTE, BLIND
Ich
bin wach, ich bin wach, Vom Atomsprühregen zerfetzte Augen. Grenzenloser
Ehrgeiz, die Habsucht, der Dreck. Dein vom Zweifel
entzweiter Leib. Für
ein korrektes Abspielen der Videofilme, müssen Sie die folgenden
Programme installieren:
MEINE
LIEBE, Sie
werden zu mir kommen, die sanften Friedenstauben, alle möchte ich sie
lebendig begraben, niemand soll jemals mehr etwas Weißes
sehen, niemand soll jemals mehr vor Entsetzen sterben beim Anblick des
Unterschieds zwischen dem Reinen und der Wahrheit. Ich
bin bewegungslos, gefesselt von hunderttausend Ketten des Hasses und der
Ohnmacht. Ich habe Lust zu sagen, auch ich bin wahnsinnig, was wollt ihr
denn von mir, auch ich habe den Eindruck, wir leben reichlich schlecht,
was aber kann ich tun, ich, der ich nicht
deutlich sehe, was ich bin. Der Mensch heutzutage kann nicht mehr, er
weiss weder, was angebracht, noch was schlicht ist. Wer
wird wiederum das Grauen erfahren, uns diese ersten Worte zu sagen, ich
lebe, wie ein Mensch leben soll, der gesagt hat, was er nicht hätte sagen
sollen. Ich habe all das verspottet, was verspottet werden kann, die
gesamte Macht, jetzt zerplatzt die gesamte aus diesem Spott befreite Macht
an mir, verletzt mich, bringt mich um, verunstaltet mich, lässt sich in
mir nieder, als ob sie meine Mutter wäre, mein Vater, der Tod. Wir
sind noch hoffnungsvoll, denn in den Büchern steht die Hoffnung
geschrieben, nicht gerade weil wir sie hätten. Das Jucken des
zuckerbestreuten Abhangs reicht von den vollkommenen Gipfeln des Hasses
bis hin zu uns, nicht einmal ich selbst verstehe, was ich schreibe und
manchmal, eigentlich verrückt, wünsche ich, meine Texte wären ein einträgliches
Geschäft für irgendeinen Verlag. Alles tut mir weh, als ob ich jeden Augenblick mich verwandeln könnte. Eine große Verwandlung, so etwas wie von allen Leiden geheilt werden, alle meine Schulden, sogar die Geldschulden bezahlen, wie wunderbar, welch erfüllte Poesie, welch erfüllter Lebenssinn, welche Einsamkeit.
-
Also ich
werde die Mösenleckerin genannt. -Ach
ja? -
Ja. Sehen Sie? Wie
diejenigen, die wenn sie sich nach Ihren Vorgesetzten richten, Arschlecker
genannt werden, so werde ich Mösenleckerin genannt, weil ich mich nach
einfach allen richte. Was
halten Sie davon , Doktor? -
Sehr lehrreich. Machen wir beim nächsten Mal weiter.
Wir
liebten uns am Fuße
des Cristo Redentor, in der Gebirgskette der Anden,
in 4.000 Metern Höhe,
wo wir höher als die Kondore flogen, nichts mit Täubchen, noch mit
Gummiadlern. Wirkliche Adler, hochfliegende Kondore, über einem Felsen,
der niemals unsere Vibrationen, unser Flügelschlagen, unsere Tiefflüge
über einem Meer, das uns nicht gehörte, vergessen wird. Jedes Mal, wenn sich das Leben näherte, war
das Geschlecht, ihr Geschlecht, die Art des Feierns. Jedes Mal, wenn sich der Tod näherte, ließ uns
das Geschlecht, ihr Geschlecht, erblinden, und das war etwas, was wir dem
Tod entgegenstellten.
1 Eine
Zeit, in der alles zu Grunde geht, kann auch ein guter Augenblick für
Veränderungen sein. 2 Die Beziehungen des Geldes zur
Zeit und zum Schreiben müssen in vielerlei Hinsicht gedacht werden und
mit dem gesamten uns zur Verfügung stehenden Instrumentarium. Bis wir
auf die Artikulierung stoben, die es für uns möglich macht. Das heibt, für unsere Intelligenz, für unsere Kräfte. 3 Rechtschaffenheit gegenüber dem Gesetz bremst alle Bosheit. Einen
Augenblick lang denke ich, ich werde nicht so viele Geschäftsbereiche führen
können. Madrid, Buenos Aires, die Schule fur Psychoanalyse, die Schule
für Poesie, die Schule für Malen, den Vertrieb, Internet, die
Audiovisualproduktionen, den Film, das Theater, den Verlag, Las 2001
Noches, Extensión Universitaria, Indio
Gris,
die Ausstellungen, dazu noch meine Familie und außerdem
noch die Sexualität im Allgemeinen. Die
Frage, worauf ich eigentlich heute verzichten muss, die kann ich nicht
beantworten, ich merke jedoch: auf etwas werde ich verzichten müssen. Ich
verzichte darauf, zu wissen, was wohl meine nächsten Schritte sein
sollten. Indio
Gris DAS HIER IST WERBUNG
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